T.C. Boyle on Stage
Dienstag, 24. Februar 2015
Im Rahmen einer vorgezogenen Lit-Cologne-Veranstaltung beehrte T.C. Boyle Köln am 21.01.2015 mit einer Lesung zu seinem neuen Buch „Hart auf Hart“.
Als Location wurde der derzeitige Opernhausersatz, der Musical Dome, oder auch blaue Muschel am Rhein genannt, ausgewählt.
Meine Eintrittskarte war für einen Platz in der letzten Reihe, deshalb habe ich mich diesmal mit meiner Spiegelreflexkamera und Teleobjektiv ausgestattet an den Ort des Geschehens begeben. Nur leider war fotografieren während der Veranstaltung verboten. Die Bilder im Beitrag habe ich im Vorfeld gemacht. Denn diesmal hatten die Veranstalter eine tolle Idee: es gab schon vor der Lesung eine Signierstunde mit einem gut gelaunten T.C. Boyle.
Die Moderation führte, was für mich eine Überraschung war, Denis Scheck durch. Auf der Eintrittskarte stand noch ein anderer Name.
Denis Scheck ist auch live genau so elegant und eloquent wie im Fernsehen (allerdings stachen seine Ohren vor dem schwarzen Hintergrund schon sehr heraus ;)) und ging sehr gut vorbereitet ins Interview. Die Fragen waren sicher vorher abgesprochen, so dass sich beide von ihrer besten Entertainer-Seite zeigen konnten.
Denn das war es für Boyle: eine Show. Er sagte das auch frei heraus. Wenn er arbeitet, lebt er eher zurückgezogen und hockt in alten Klamotten von morgens bis zum frühen Nachmittag am Schreibtisch und schreibt. Danach kümmert er sich um „Frau Boyle“ und/oder wandert.
Wenn er auf Tour geht wird er zu einer Art Rockstar und zieht eine Show ab. Und das tat er auch. Schon bei der Signierstunde plauderte und lachte er mit dem Publikum und ließ sich geduldig fotografieren. Während er seinen Teil der Lesung bestritt wurde er zum Schauspieler. Er las an einem Stehpult und trug seinen Text gut vorbereitet, mit lebhafter Betonung und gestenreich vor.
Den deutschen Text las der deutsche Schauspieler August Diehl, der auch das Hörbuch eingelesen hat. Sie wechselten sich fast eine Stunde lang ab, was sehr kurzweilig war. Ein Teilstück wurde erst auf Englisch, dann auf Deutsch gelesen, so dass Kenner die Übersetzung beurteilen konnten.
Interessant ist, dass bei diesem Buch die deutsche Übersetzung ein paar Wochen vor dem amerikanischen Original erschien. Der Originaltitel von „Hart auf Hart“ lautet „The harder they come“ und geht auf den gleichnamigen Reggea-Song von Jimmy Cliff zurück.
Boyle ist Buchautor mit Leib und Seele. Er arbeitet fast täglich und schreibt an seinem 26. Buch. Er erwähnt öfters, dass seine Bücher zur Kunst gehören, der Begriff Art fällt öfters. Schreiben ist sein Leben. Er sagt auch, was soll er sonst machen. Er ist Autor, und Autoren schreiben. Seine ersten literarischen Versuche machte er übrigens mit acht Jahren und will auch bis zum Tod weiterschreiben. Er versucht mit seinen Büchern etwas in den Lesern zu auszulösen und sprach von der visionären Kraft der Kunst.
T.C. Boyle gibt sich locker, soweit das auf dem anscheinend sehr unbequemen Sessel möglich ist und sehr humorvoll. So beschreibt er ausführlich, dass er es hier in Deutschland sehr genießt, ein Bad zu nehmen ohne mit dem Wasser danach die Blumen gießen zu müssen. Auch eine Wasserspülung an der Toilette ist etwas, was er sich in Kalifornien nicht gönnt. Wir sollten aber nicht denken, dass er damit auch seinen Kaffee kocht. So hat er einen humorvollen Bogen zu einem seiner Themen geschlagen: der Umwelt. Natur hat für einen hohen Stellenwert. Katholisch erzogen, nimmt Nature für ihn jetzt die Position einer höheren Macht ein, für deren Schutz er sich bekanntermaßen gerne einsetzt.
Ein weiteres Thema außerhalb des Buches war die Politik, von Denis Scheck geschickt immer wieder eingeflochten, so dass der Autor die Möglichkeit bekam seine Meinung, zum Attentat in Paris, der amerikanischen Regierung und seinen eigenen Überzeugungen (Menschenrechte, Gleichstellung der Frau, Umweltschutz) darzulegen.
Aber auch das Buch selbst kam nicht zu kurz. Die beiden Gesprächsteilnehmer schafften es immer wieder dorthin zurückzufinden. So vergleich er seine zwei Gesichter als arbeitender Künstler und auf der Bühne mit der Schizophrenie des einen Protagonisten.
„Hart auf Hart“ habe ich noch nicht gelesen, habe jetzt aber einen guten Eindruck bekommen worum es geht. (Ein Vater, ein Sohn. Beide haben jemanden umgebracht. Der eine wird als Held gefeiert, der andere als Mörder gesucht. Sehr vereinfacht dargestellt.).
Da der Besitz von Waffen in den USA wohl auch im Buch thematisiert wird, fragte Scheck nach, ob Boyle auch eine Waffe besitzen würde. Und tatsächlich, mit einer kleinen Anekdote gab er zu eine Handfeuerwaffe von einem befreundeten Kokaindealer geerbt zu haben. Benutzt hat er sie nicht, bot auch gleich an, sie an Denis Scheck weiterzugeben, falls dieser Bedarf sehe.
Boyle wurde auch immer wieder sehr persönlich. So gab er zum Beispiel an, geweint zu haben, als er seiner Tochter (die übrigens auch Schriftstellerin ist und in der ersten Reihe saß) John Steinbecks „Von Menschen und Mäusen“ vorlas.
Ein sehr abwechslungsreicher, gelungener Abend wurde dem Publikum im ausverkauften Haus in Köln geboten.
♌
Unser 100. Beitrag!!!!
Es ist wirklich interessant wie unterschiedlich Lesungen sein können. Bei dieser wäre ich gerne dabei gewesen.
Kommt T.C. Boyle auch zur Buchmesse nach Leipzig?
Glückwunsch zum 100. Beitrag 🙂
Ich frage mich, wie alt T.C. Boyle ist. Er sieht auf manchen Bildern ganz schön „mitgenommen“ aus.
Hallöchen,
sehr toller Beitrag. Denke er ist ein sehr interessanter Mensch.
Grüße Nadine
Danke 🙂
Vielleicht ist auch alles nur Show. Ich glaube den richtigen T.C habe ich nicht gesehen.
T.C.Boyle… sah einmmal einen Film über seine Art zu schreiben… wunderbar intuitiv, spontan, der fraktalen Struktur des Kosmos folgend…
…hmmm… eine Frag in eigener Sache… hat eine kleine , unbekannte Eule auf diesem Blog eigentlich auch eine Chance vorgestellt zu werden?