Lesung mit Christoph Poschenrieder
Dienstag, 2. Februar 2016
Im Januar zog es mich mal wieder ins Kölner Literaturhaus.
Diesmal zur Vogelkunde. Christoph Poschenrieder las aus seinem neuen Werk „Mauersegler“.
Der Moderator
Es gab wieder den bewährten Mix aus Gespräch und Lesung. Die Fragen stellte diesmal Volker Schaeffer. Herr Schaeffer ist privat stellvertretender Leiter des Literaturhauses, beruflich Leiter „Aktuellen Kultur im Hörfunk“ beim WDR, genauer gesagt WDR5.
Herr Schaeffer war es auch der die Anregung zu dieser Lesung gab.
Das Buch
Die Themen des Buches „Mauersegler“ sind Alter und Tod. Themen, mit denen ich leider mit selbst fortschreitenden Alter immer öfter konfrontiert werde. Oder wie meine Kollegin immer sagt: „Die Einschläge kommen näher“.
Die Veranstaltung begann diesmal, sehr ungewohnt, mit Musik. The Who mit „Baba O’Riley“ war zu hören. Ein Lied, eine Musikrichtung, die wohl gut zu den Protagonisten im Buch passt. Poschenrieder meinte, Brahms Requiem auch, doch das erscheint für den Beginn eines netten Abends wohl doch zu depressiv. Auf alle Fälle ist die Textzeile „Let’s get together Before we get much older“ ein Motto, das auf viele Ereignisse anwendbar ist.
Poschenrieder selbst wurde 1964 in den USA geboren. Er studierte in München und in New York. Danach war er als Journalist, Videojournalist und Autor von Dokumentarfilmen tätig. Zur Zeit ist er als Stipendiat in der Villa Concorida in Bamberg zu Hause und schreibt an seinem fünften Buch.
Diese Umgebung ist ein starkes Kreativitätsmittel. So liegt er auf der gleichen Matratze wie Herta Müller und findet dort Ruhe und Ungestörtheit. Da keinerlei Zwang ausgeübt wird schätzt er dort die „Offenheit der Möglichkeit“.
Programm-Code
Geschrieben hat er immer etwas. So zum Beispiel auch Handbücher für Software. So spielt in seinem vierten Buch Mauersegler ein Computerprogramm eine wichtige Rolle.
Während der Lesung wurde ein Teil des Quellcodes veröffentlicht:
Das gesamte Programm mit dem schönen Namen „Todesengelpogramm“ oder „def werlebtnoch“ hat er auch als „Prove of Concept“ geschrieben und steht bei Bedarf auf seiner Website zum Download bereit.
Schopenhauer
Poschenrieder ist also sehr vielseitig. Eines bleibt aber sein roter Faden: Schopenhauer.
So ist Schopenhauer in Poschenrieders erstem Roman „Die Welt ist im Kopf“ die Hauptperson. Im Mauersegler spielt er nicht mit, aber ein Satz von ihm steht dem Buch als Moto vor:
Eines Tages ist dann der Schlummer der letzte, und seine Träume sind – ich glaube, wir träumen sie eben jetzt.
Arthur Schopenhauer aus „Über den Tod und sein Verhältnis zur Unzerstörbarkeit unseres Wesens“.
An Schopenhauer schätzt er besonders die „poetische Kraft“ mit „Widerhaken“. Viele Sätze geben kleine Rätsel auf. Diese muss wohl jeder für sich selbst lösen.
Die Lesung
Poschenrieder liest zwischen den Fragen immer wieder lange Stücke aus seinem Roman vor. Interessant war, dass er dazu nicht das Buch benutzte, sondern DINA4-Blätter. Er hat dort die Passagen, die er lesen möchte aneinander gefügt. Er meinte im Gespräch nach der Lesung, so kann er besser blättern und findet natürlich auch direkt die Stellen. Bei Schauspielern, die an einer Lesung mitwirken habe ich das auch schon oft beobachtet, bei einem Autor noch nicht.
Bei den Lesungsteilen muss er sich oft räuspern, er trägt auch einen dicken Schal. Da ist wohl eine Erkältung im Anmarsch gewesen. Während des Lesens sitzt er ganz unruhig, runzelt oft die Stirn. Er liest routiniert, sollte aber wohl besser nicht die Hörbücher selbst einlesen…
Geplauder
Im Folgenden plaudern die beiden Herren über das Buch, die Hintergründe, die Frage ob es mit Frauen als Protagonisten auch funktioniert hätte (ja, aber er traut sich eine feministische Perspektive nicht zu), Vorbilder für die Protagonisten, die Ähnlichkeit zwischen programmieren und schreiben, Voodoo bei der Titelsuche, Sterbehilfe, Symbiose zwischen Buch und Programm, die Bedeutung der Frauenfigur im Buch.
Auch wurde diskutiert, ob das Buch eine Tragödie oder eine Komödie sei. Der Autor selbst konnte diese Frage nicht beantworten:
„Ich habe es nur geschrieben, nicht gelesen“ und „Man kann ein Buch grundsätzlich immer lesen wie man will.“
Auch mit Botschaften wäre er immer eher vorsichtig. Aber ab einem gewissen Alter sollte man über gewisse Entscheidungen nachdenken.
Über die Inhalte des Buches möchte ich eigentlich nicht so viel erzählen. Es scheint etwas „leichter“ zu sein als seine vorherigen, haben mit Tod, Sterbehilfe und Alter allerdings ernste Sujets. Ich habe es mir auf alle Fälle gekauft, signieren lassen und hoffe es bald zu lesen.
Über das neue, werdende Buch wollte er sich nicht detailliert äußern. Das sei „streng geheim“ (vor allem für den Fall, dass es vielleicht noch abgebrochen wird). Nur so viel: er ließ sich dafür von der Bamberger Umgebung inspirieren.
Ich hoffe, ich kann meinen Poschenrieder-SUB abbauen bevor es auf den Markt kommt…
♌
Ein Buch mit Quellcode! Das muss ich lesen! Eigentlich wollte ich ja mit dem „Sandkorn“ beginnen, aber das überlege ich mir noch einmal.
Brauche sowieso gerade einen Buchhandlungsbesuch für die Seele, da schaue ich nachher mal.