Interview mit Yara Lee
Donnerstag, 21. Juni 2018
Yara Lee veröffentlichte in diesem Jahr ihren Debütroman Als ob man sich auf hoher See befände. Sie war bereit mir per Mail ein paar Fragen zu ihrem Buch, zu sich selbst und ihren Plänen zu beantworten.
Silvia: Dein Buch fand ich nicht ganz einfach. Zwar leicht zu lesen, aber nicht leicht zu durchdringen. Was sind die Hauptthemen aus deiner Sicht?
Themen
Yara Lee: Eines der Hauptthemen ist die Suche. James ist „auf der Suche“ nach beruflichem Erfolg, Marla sucht eigentlich ihren Vater, der wiederum sucht zunächst den perfekten Ort zum Sterben. Auf diesen verschiedenen Suchen begegnen sich die Figuren — mit all ihren Unzulänglichkeiten, Hoffnungen, usw.
Silvia: Das habe ich bereits erkannt, deshalb wohl auch die starken Anspielungen zu Odysseus. Dein Buch ist für mich „das Buch mit dem Delfin“. Wofür stehen diese Tiere im Buch?
Delfine
Yara Lee: Die Delfine habe ich zum Einen aus einem sehr offensichtlichen Grund gewählt: ein Großteil des Romans spielt am Meer. Tatsächlich habe ich zunächst überlegt, ob ich mich auf Wale oder Delfine konzentrieren soll. Die Punkte, die für mich dann beim Recherchieren und beim Schreiben wichtig waren, — immer natürlich auch in Bezug auf die Geschichte und Handlungen der Protagonistinnen — sind:
1.) Anpassungsfähigkeit
2.) Orientierung
3.) Störungen
Silvia: Was meinst du genau mit Störungen in diesem Zusammenhang?
Yara Lee: Also hauptsächlich die Punkte Kommunikation und Orientierung, bzw. Störungen darin, habe ich quasi „übersetzt“ auf die Handlungen der ProtagonistInnen, deren Kommunikation ja durchweg großteils eher scheitert und wo die Wahrnehmung eben auch z.B. von den zahlreichen Lärm- und anderen Eindrücken z.B. in einer Stadt überlagert wird …
Das waren einfach für mich einige Hintergrundgedanken beim Schreiben, die ich jetzt nicht wissenschaftlich, oder so, ausführen wollte, die mich aber sozusagen inspiriert haben.
Pseudonym
Silvia: Du hast anscheinend intensiv recherchiert. Dem Klappentext konnte ich deinen richtigen Namen Afamia Al-Dayaa entnehmen. Warum das Pseudonym?
Yara Lee: Ich habe schon recht lange darüber nachgedacht, ein Pseudonym zu nehmen. Ich bin ja zunächst musikalisch als Pianistin ausgebildet und das Schreiben kam erst relativ spät in mein Leben. Ich hatte daher immer das Gefühl, dass es verschiedene Welten sind. Momentan studiere ich Komposition an der Universität für Musik und darstellende Kunst, und da habe ich schon eher das Gefühl, dass das Komponieren dem Schreiben etwas ähnlicher ist als z.B. das Klavierspielen.
Musik
Silvia: Du scheinst viele Talente zu haben. Wie kommt man von der Musik zur Literatur?
Yara Lee: Ich denke, man kommt immer zur Literatur, weil es zunächst ein sehr starkes inneres Bedürfnis ist, also egal in welchem Bereich man vorher tätig war.
Silvia: Hilft dir Musik beim Schreiben?
Yara Lee: Eigentlich nicht. Wenn ich Musik höre, nimmt das meist zu viel von meiner Aufmerksamkeit ein. Ich kann Musik nicht einfach so im Hintergrund laufen lassen, sondern möchte aufmerksam zuhören. Was beim Schreiben aber vielleicht hilft, ist ein gewisses Gespür für Rhythmus oder Melodie. Es wurde mir zumindest schon mal gesagt, dass meine (schriftliche) Sprache musikalisch sei, was auch immer das genau bedeutet.
Silvia: Ich kann auch nur entweder Musik hören, oder zum Beispiel lesen oder arbeiten. Wie geht es bei dir weiter? Welche Projekte stehen für dich an?
Pläne
Yara Lee: Momentan konzentriere ich mich aufs Kompositionsstudium, was für mich wieder eine neue und spannende Aufgabe ist. Ich spiele auch Klavier, mache im Sommer zum Beispiel einen Meisterkurs in Italien. Und natürlich habe ich auch vor, einen zweiten Roman zu schreiben. Da werde ich aber wohl etwas mehr Zeit als nur den Sommer brauchen.
Silvia: Italien! Da bekomme ich direkt Fernweh. Du hast wirklich spannende Pläne. Doch ich bleibe erstmal bei der Musik. An einer Stelle in deinem Buch vergleichst du Musik mit Farben. Welches Stück spielst du am liebsten und welche Farbe hat es?
Yara Lee: Das ist eine schwierige Frage. Ein Musikstück hat meiner Meinung nach verschiedene Farben, davon lebt ja die Musik, dass sie sich entwickelt und nicht einfarbig ist. Ein komplett „einfarbiges“ Stück wäre wahrscheinlich langweilig … natürlich könnte ich pauschal behaupten, dass zB. c-moll schwarz wäre, Gis-Dur sei für mich irgendwie silbern, A-Dur sei etwas strahlendes wie Gelb/Orange, usw. … Es kommt aber dann auch darauf an, in welchem Zusammenhang die Tonart jeweils erklingt … Ein Lieblingsstück habe ich nicht und auch keinen Lieblingskomponisten, bzw. keine Komponistin. Es gibt einfach zu vieles, was unglaublich schön oder interessant ist.
Schauplätze
Silvia: Ich könnte mich da auch nicht festlegen. Ist das To Ellinikon in Wien aus Kapitel 9 dein Lieblingsrestaurant?
Yara Lee: Eigentlich nicht, ich habe es wie das „Café Sirena“ eher deshalb erwähnt, weil es irgendwie zur Story passte. Für mich als Vegetarierin ist das Essen in einem griechischen Lokal meiner Erfahrung nach eher schwierig.
Silvia: Das kann ich nachvollziehen, weil ich nur ungern Fleisch esse. Themenwechsel: Hast du Kontakte zu Bloggern? Liest du deren Buchbesprechungen?
Yara Lee: Leider nicht, ich habe mir zwar schon gedacht, dass es gut wäre, einen Blog oder zumindest eine Homepage zu haben, ein ausgeprägtes Mitteilungsbedürfnis hat man als schreibender Mensch ja tendenziell schon … Allerdings fehlt mir dazu bislang die Zeit oder so … Vielleicht kommt das ja noch als weiteres Sommerprojekt.
Blogs
Silvia: Viele Autoren haben einen eigenen Blog. Ich bin gespannt, ob deiner hinzukommt. Auf unserem Blog veröffentlichen wir auch Keksrezepte. Deshalb auch an dich die obligatorische Keksfrage: Was sind deine Lieblingskekse?
Yara Lee: Meine Lieblingskekse sind von meinem Vater selbst gebackene Kekse nach einem syrischen Rezept und sie heißen „Barazeq“.
Silvia: Hm. Sesamkekse, das hört sich lecker an. In meinem Elternhaus ist auch mein Vater fürs Backen zuständig. Vielen Dank für deine Antworten und noch viel Erfolg mit dem Buch und deinen anderen Projekten.
Yara Lee hat mir auch ein Rezept für die Kekse mitgeschickt. Ich werde sie bei Gelegenheit mal ausprobieren und hier davon berichten.
Meine Rezension zu dem Debütroman von Yara Lee Als ob man sich auf hoher See befände könnt ihr ergänzend natürlich gerne nachlesen. Infos zum Buch gibt es unten.
Liebe Grüße
Infos zum Buch
Als ob man sich auf hoher See befände
192 Seiten |