[Rezension] Sarah Henshaw: Mein wunderbares Bücherboot
Sonntag, 12. August 2018
Eine Buchhandlung auf einem Boot
Büchermenschen sind ein merkwürdiges Volk. Sie lesen gerne, haben gerne Bücher um sich herum und möchten am liebsten ihren Lebensunterhalt mit Büchern verdienen. Was macht man, wenn man einen ungeliebten Job hat? Klar, man überlegt sich, was man gerne tut. Und manche Menschen eröffnen dann eine Buchhandlung. Sarah Henshaw erging es so mit ihrem Job als Journalistin. Sie merkte sehr schnell, dass das kein Beruf ist, in dem sie glücklich werden kann. Auch sie gehört zu den Menschen, die Bücher sehr lieben. Sie macht aber etwas anders als viele andere Leidensgenossen. Sie eröffnet eine Buchhandlung auf einem Boot. Es ist das Jahr 2009 als sie mit ihrem Freund zusammen ein Boot kauft. Die Book Barge. Auf diesem kleinen Boot eröffnet sie in der englischen Kleinstadt Burton-upon-Trent ihre Buchhandlung.
Am Anfang läuft das Geschäft gut, aber schon bald leider gar nicht mehr. Leben kann Sarah von ihrem Unternehmen nicht. Ihre Eltern und auch ihr Freund unterstützen sie finanziell. Als ihre Beziehung in die Brüche geht und das Geschäft nicht wieder in Schwung kommt, beschließt sie, sich eine Auszeit zu gönnen, um in Ruhe zu überlegen, wie ihr Leben weitergehen soll.
Ihre „Auszeit“ ist eine Reise durch England. Mit ihrem Bücherboot. Als sie das Boot für ihre Buchhandlung umgebaut hatte, schmiß sie vieles raus, was zum Leben auf dem Boot wichtig war. Nun wurde alles wieder eingebaut. Sie entwickelte eine Tour durch die englischen Kanäle und Flüsse. Sie wollte ihre Bücher nicht mehr verkaufen, sondern tauschen. Gegen Lebensmittel, ein Bett zum Schlafen, ein Abendessen, ein Friseurbesuch und diverse andere Dinge, die man zum Leben brauchte. Am Ende der Reise dann auch gegen einen Zahnarztbesuch. Das ganze klappte ganz gut, vorausgesetzt sie befand sich in einer gut besiedelten Gegend.
Insgesamt ist Sarah Henshaw ein halbes Jahr lang unterwegs. So wie sie auch vor der Eröffnung keine Ahnung vom Buchhandelsgeschäft hatte, so hat sie dieses Mal keine Ahnung, wie man ein Boot steuert. Wie man durch eine Schleuse fährt.
Die Reise
Insgesamt wird es eine Reise von 1.600 km Länge, sie muß dabei 707 Schleusen passieren.
„Meine wunderbares Bücherboot“ erzählt hauptsächlich von dieser Reise. Wie das Arbeiten auf dem Boot während der Buchhandlungsphase war, erfährt der Leser leider nur in kleinen Rückblicken. Ich lese, wie man eine Boot steuert. Lerne, welche Probleme dabei auftauchen. Jede Schleuse ist ein Abenteuer für sich. Bei jedem Ankommen in einer neuen Stadt die bange Frage: „Kommt jemand, der mich in irgendeiner Weise unterstützen kann? „
Ich hätte nie gedacht dass ich auf einem 18 Meter langen Kanalboot auf einem winzigen Nebenarm des Bridgewater-Kanals das Glück finden würde. Doch es ist noch mehr als das, es ist eine Art Selbstvertrauen, von dem ich bislang nicht wusste, dass ich es besitze.
Lieblingsliteratur
Als begeisterte Leserin und Buchhändlerin schreibt Sarah über die Bücher, die ihr Leben geprägt haben. Erzählt von ihren Lieblingsbüchern und schon wieder schreibe ich als Leserin mir Bücher auf einen Zettel. Irgendwie gibt es in letzter Zeit zu viele Bücher, die über Bücher schreiben. Die Buchempfehlungen übersteigen leider meine zur Verfügung stehende Zeit.
Die Autorin bloggt auf http://www.thebookbarge.com über ihr Bücherschiff und über Bücher. Inzwischen lebt sie in Frankreich und schreibt ihre Posts zweisprachig. Englisch und Französisch.
Vorwort
Torsten Woywod hat sich 2015 auf eine Europareise begeben und ungewöhnliche Buchhandlungen besucht. Die Book Barge hat er zwar besucht, nur hatte sie leider geschlossen. Sonst hätte er sie vermutlich in seinem Buch In 60 Buchhandlungen durch Europa verewigt. Als Ausgleich hat er nun ein sehr lesenswertes Vorwort für dieses Buch geschrieben.
Meine Meinung
Ich tue mich schwer mit diesem Buch. Sarah Henshaw bleibt mir auf eine gewisse Weise sehr fremd. Von einer Journalistin erwarte ich ein spannend geschriebenes Buch. Die Sprünge in ihren Erzählungen überfordern mich und fügen sich nicht zu einem Bild zusammen. Ich wollte viel mehr von ihrem Buchladen lesen und keinen Bericht über sämtliche Schleusen, die sie während ihrer Reise überwinden musste.
Sie beschreibt viele Stationen ihrer Reise in einem lockeren Erzählton, sie rettet Vögel, zieht tote Schafe aus dem Wasser und muss sich leider auch mit undurchsichtigen Typen rumschlagen. Es geht nicht sehr harmonisch zu auf ihrer Reise. Die Liebe zu ihrem Bücherboot fasziniert mich. Überhaupt fasziniert mich Sarah als Person sehr. Sie kauft einfach ein Boot, baut es zum Bücherboot um und wird Buchhändlerin, total naiv, ohne Ahnung vom Einzelhandel und vom Buchgeschäft zu haben. Ratgeber zu lesen ist ihr viel zu langweilig. Sie macht einfach und fällt auf die Nase. Aber irgendwie finanziert sie ihr Leben, so daß sie das Bücherboot 2019 in Frankreich neu eröffnet.
Ich wünsche ihr viel Glück dabei und hoffe, dass ihr Buch in Deutschland viele Leser findet. Die Leser sollten allerdings nicht nur buchaffin sein, sondern vor allem auch bootaffin.
Liebe Astrid,
Die Idee des Buches klingt so toll und hat mich sofort angesprochen. Und auch das Cover finde ich irgendwie ansprechend. Schade, dass dir das Buch dann nicht so gut gefallen hat. Vom Titel und Klappentext her hätte ich auch erwartet, dass es mehr um Bücher geht und nicht so sehr um Schleusen.
Ich wollte das Buch eigentlich mal im Hinterkopf behalten, jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher. Mal sehen, ob ich es irgendwann doch lesen werde…
Danke dir für die schöne und ehrliche Buchvorstellung.
Liebe Grüße, Julia
Liebe Julia,
ich möchte dich nicht von diesem Buch abhalten. Es würde mich sehr interessieren wie du dieses Buch findest.
LG
Astrid