Rezension zu „Für immer seh ich dich wieder“ von Yannic Han Biao Federer
Sonntag, 26. Oktober 2025

Seit fünf Jahren begleite ich als Sternenkindfotografin Familien in ihren wohl schwersten Stunden. Etwa zweimal im Monat mache ich mich auf den Weg, um Erinnerungen zu schaffen – Erinnerungen an Kinder, die viel zu früh gehen mussten. Jede Begegnung ist anders, aber immer zutiefst bewegend. Oft erfahre ich, was geschehen ist. Manchmal aber bleibt die Geschichte im Dunkeln. Und nur ganz selten erfahre ich, wie es den Eltern später ergeht – nach dem Verlust, nach der Stille.
Das Buch „Für immer sehe ich dich wieder“ von Yannic Han Biao Federer hat mich deshalb besonders berührt. Der Autor und seine Frau haben ihr erstes Kind, Gustav, mitten in der Schwangerschaft verloren – auf tragische Weise. Um mit dem unermesslichen Schmerz umzugehen, beginnt der Vater zu schreiben. Das mag für einen Autor naheliegend sein, doch ungewöhnlich ist, wie offen und ehrlich er als Vater seine Gefühle teilt. Meist sind es Mütter, die ihre Erfahrungen mit dem Verlust eines Kindes aufschreiben. Dass hier ein Vater spricht, macht dieses Buch so besonders – und so wichtig.
Ein tief bewegendes Buch
Aus seinen Aufzeichnungen ist ein tief bewegendes, ehrliches und tröstendes Buch entstanden. Federer findet Worte für etwas, das eigentlich sprachlos macht. Er schreibt über Schmerz, über Liebe, über das Loslassen – und darüber, wie das Leben irgendwie weitergeht, auch wenn nichts mehr so ist wie zuvor. Dieses Buch zeigt Betroffenen, dass sie nicht allein sind. Es schenkt Trost und Verständnis – und vielleicht ein kleines Stück Hoffnung.

Ich habe „Für immer sehe ich dich wieder“ bereits einigen Eltern empfohlen, deren Kinder zu den Sternen reisen mussten. Ich weiß nicht, ob sie es gelesen haben. Aber wenn ja, hoffe ich, dass es ihnen geholfen hat – vielleicht nur ein wenig, aber manchmal genügt schon ein kleiner Lichtstrahl.
Nach jedem Einsatz, wenn ich die Bilder bearbeitet und an die Eltern geschickt habe, kehrt Stille ein. Nur selten bekomme ich eine Rückmeldung. Oft frage ich mich dann: War meine Anwesenheit richtig? Habe ich ihr Kind so gesehen, wie sie es sehen wollten – mit Liebe, mit Achtung? Habe ich sie überfordert oder ihnen wirklich geholfen? Diese Fragen begleiten mich jedes Mal.
Erinnerungen
Auch Gustav durfte von einer Sternenkindfotografin fotografiert werden. Sie ermutigt die Eltern, ihr Kind anzusehen, es zu halten, diesen Augenblick bewusst wahrzunehmen. Sie macht Vorschläge, die diese Eltern dankbar annehmen – und schafft damit Erinnerungen, die bleiben.
Dieses Buch ist wie ein solches Bild: Es hält fest, was nicht vergeht. Es zeigt, dass Liebe stärker ist als der Tod – und dass Erinnerung eine Form von Weiterleben sein kann.
Ein leises, starkes, zutiefst menschliches Buch.
Die Fotos sind übrigens an einem Abend entstanden, als ich beim „Flexibles Schmökern“ auf dem Friedhof in Ohlsdorf in Hamburg war. Darüber kann ich vielleicht noch mal einen extra Beitrag schreiben.

Hallo Astrid,
ihre Arbeit ist sehr wichtig und richtig.
Vor 40Jahren habe ich meine Tochter durch eine Totgeburt verloren, sie niemals gesehen und ich habe es sehr bereut.
Damals war der Umgang noch ein anderer, wie schön wäre es gewesen, wenn man mich ermutigt hätte, mein Kind anzuschauen und es zu fotografieren.
Es hätte meine Trauerarbeit sicherlich ein wenig leichter gemacht, zu wissen, was ich verloren habe.
Ich habe das Buch noch nicht gelesen, werde es aber kaufen.
Ich bin durch ein Hörspiel in der ARD Mediathek auf den Autor aufmerksam geworden.
So präzise und einfühlsam kann nur ein Betroffener berichten.
In diesem Sinne, bleiben sie bei dem was sie tun, es hilft den Eltern ganz bestimmt.
LG von Ul
Liebe Ulrike,
danke für die wertschätzende Worte.
Heutzutage ist es sehr befremdlich, wenn man hört, wie früher mit Sternenkindern umgegangen wurde. Aber man hat ja tatsächlich damals gedacht, dass es der richtige Umgang mit der Situation ist. Dass die Mütter so schneller mit der Trauer fertig werden.
Vielleicht hilft das Buch ja auch nach so vielen Jahren, die Trauer etwas besser zu verarbeiten.
Viele Grüße
Astrid