Interview mit Salih Jamal
Sonntag, 21. Februar 2021

Fragen an den Autor von Das perfekte Grau
Salih Jamal hat bereits mehrere Romane veröffentlicht, zuletzt Das perfekte Grau, erschienen im Septime Verlag. Salih habe ich über sozialen Medien kennengelernt. Er ist besonders auf Facebook und Instagram sehr aktiv. Dort postet er über sein Leben, seine Bücher, die Arbeit daran und auch über seine Lektüre. Vor allem bei seinem neuen Roman ist mir die starke Interaktion mit seinen Leser*innen aufgefallen. Jedes Bild seines Buches wird gewürdigt, jeder Kommentar beantwortet, jede Rezension gefeiert. Das machen nur sehr wenige Autoren die ich kenne.
Salih Jamal ist Jahrgang 1966 und lebt in Düsseldorf. Er war direkt bereit, mir ein paar Fragen zu beantworten. Normalerweise hätten wir uns persönlich getroffen, denn ich bin (oder war vor Corona) beruflich häufig in Düsseldorf. Leider ist das zurzeit nicht möglich, deshalb haben wir per Mail kommuniziert.
Silvia: Die zentralen Themen in Das perfekte Grau sind für mich Flucht und Freundschaft. Was bedeutet dir Freundschaft?
Salih Jamal: Es gibt diesen wundervollen Satz von Ralph Emerson:
„Das Einmalige an einer Freundschaft ist weder die Hand, die sich einem entgegenstreckt, noch das freundliche Lächeln oder die angenehme Gesellschaft. Das Einmalige an ihr ist die geistige Inspiration, die man erhält, wenn man merkt, dass jemand an einen glaubt.“
Ralph Waldo Emerson
Und ja, das ist es. Ich habe einige wenige Freunde. Alle aus meiner Kindheit. Wir haben viel Gemeinsames erlebt, und wir sind alle unterschiedliche Wege gegangen. Ohne den Glauben an den anderen hätten wir uns aus den Augen verloren oder uns einfach nichts mehr zu sagen. Denn Glaube ist ein ehrliches und tief empfundenes Interesse, ohne alles wissen zu müssen.
Über den Roman
Silvia: Dante, die Hauptperson in deinem neuen Roman, ist ein Ich-Erzähler. Deshalb habe ich mich bei der Lektüre gefragt, wieviel Salih steckt wohl in Dante?
Salih Jamal: 100 %. Ich habe versucht, die Erzählperspektive vom ICH-Erzähler in eine auktoriale Form zu ändern. Es hat sich fremd angefühlt. Natürlich ist die Geschichte fiktiv, aber ich fühle und leide schon arg, wenn ich schreibe. Außerdem ist Dante ja der namenlose Erzähler aus meinem ersten Roman, und hier streite ich alles Autobiografische vehement ab. Man muss dieses Buch aber nicht für „Das perfekte Grau“ kennen. Das wird nur ganz am Rande erwähnt.
Silvia: Das kann ich bestätigen, ich habe die vorherigen Romane von dir noch nicht gelesen. Mich interessiert immer sehr, über welchen Zeitraum ein Autor an einem Buch arbeitet. Letztens habe ich gelesen, dass Francoise Sagan an ihrem berühmtesten Buch Bonjour Tristesse nur ein paar Wochen gearbeitet hätte. Wie lange hast du an „Das perfekte Grau“ gearbeitet?
Salih Jamal: So in etwa 10 Monate hat es gedauert. 10 Monate im Tunnel und unter Tage.

Verlag oder BoD
Silvia: Das hört sich nach einer sehr intensiven Zeit an. Deine vorherigen Romane sind, soweit ich weiß, im Selbstverlag bei Books on Demand erschienen. Wie sind da deine Erfahrungen?
Salih Jamal: Ich glaube, ich hatte mit „Briefe an die grüne Fee“ Glück. Es gab aus dem Stand begeisterte Stimmen der Leser und Leserinnen und hat direkt als Nachfolger von Benedict Wells „Ende der Einsamkeit“ auf der Messe in Frankfurt einen kleinen Buchpreis, den Skoutz Award, gewonnen. Ich denke, es ist schon besonders, als Selfpublisher im Bereich der zeitgenössischen Literatur Gehör zu finden.
Silvia: Ja, ich muss auch zugeben, dass ich bisher nur zwei oder drei Bücher gelesen habe, die ohne Verlagsmitwirkung erschienen sind. Oft ist für mich alleine der veröffentlichende Verlag ein Anreiz neue Autoren kennenzulernen, weil ich mit anderen Büchern aus dem Verlag gute Erfahrungen gemacht habe. Dazu gehört auch der Verlag, in dem nun dein Buch erschienen ist.
Jetzt haben du und der Septime-Verlag zusammengefunden. Wie kam es dazu?
Salih Jamal: Jürgen Schütz und ich haben uns vor zwei Jahren auf der Buchmesse kennengelernt. Er hatte von meinem Debüt „Briefe an die grüne Fee“ gehört und mich zu einem Gespräch eingeladen. Orpheus war zu der Zeit schon fertig und ich wollte nicht ein Jahr warten, bis er den Titel ins Programm genommen hätte. Schließlich hat dann alles bei „Das perfekte Grau“ perfekt gepasst. Ich bin da schon sehr stolz drauf, weil Septime so ein unglaubliches Renommee hat.
Das Hörbuch
Silvia: Das hat dieser Verlag in meinen Augen wirklich. Das Buch ist auch als Hörbuch erschienen. Hattest du bei der Sprecherwahl ein Mitbestimmungsrecht?
Salih Jamal: Da gab es gar keine Auswahl. Weil ich mich bei Kurt Kühl super aufgehoben fühle. Ich habe jedes Kapitel zur Kritik zugesendet bekommen und wie mit meiner Lektorin, der wunderbaren Barbara Lösel, wurde dann auch diskutiert. Kurt hat auch meine anderen Bücher eingelesen. Er ist schon klasse. Er spricht auch die Bücher meiner Kollegin Nienke Jos (Gmeiner Verlag). Übrigens sehr, sehr gute Thriller.
Silvia: Die kenne ich noch nicht, als danke für den Hörbuchtipp. Wenn ich nicht selbst Interviews mit den Autor*innen führen kann, besuche ich sehr gerne Lesungen um diese besser kennenzulernen. Das ist zurzeit leider auch nicht so einfach. Wird es Lesungen zu Das perfekte Grau geben?
Fröhliche Lesungen
Salih Jamal: Ich hoffe es so sehr. Meist ist es sehr lustig. Ich bringe oft selbst gemachten Likör mit, den ich mit dem Publikum aus Pinnchen trinke.

Silvia: Das sieht tatsächlich recht feucht-fröhlich aus. Sicher geht das bald auch wieder. Das muss ja dann ein Foto einer Lesung aus einem deiner vorherigen Romane gewesen sein. Diese kenne ich wie gesagt noch nicht. Beschreibe sie doch mal bitte ganz knapp mit jeweils drei Hashtags.
Salih Jamal: Orpheus – Musik, Liebe, Tod gebe ich die Hashtags #tieftraurigelovestory #Literaturundmusik #Krimi
Briefe an die grüne Fee – Über die Langeweile, das Begehren, die Liebe und den Teufel bekommt die Hashtags
#poetischundvulgär #briefroman #blutendehungrigeherzen
Pläne
Silvia: Spannend. Das hört sich so an, als ob jeder der Romane sehr eigen wäre. Manche Autoren schreiben ja immer über dieselben Themen. Apropos schreiben: Wie geht es bei dir literarisch weiter?
Salih Jamal: Es sind einige Ideen da. Alle mit einigen geschriebenen Kapiteln. Aber der Funke, der mich wieder für 10 Monate unter Tage fahren und mich alles vergessen lässt, der ist noch nicht übergesprungen. Ich kann keine Geschichten konstruieren und abarbeiten. Unmöglich. Also werfe ich fleißig Kleckse auf die Leinwand und hoffe, dass ich bald ein Bild sehe.
Blogger*innen
Silvia: Ich bin gespannt und wünsche Dir, dass sich die richtige Idee bald zeigt. Wie ich eingangs schon bemerkt habe, interagierst du viel mit deinen Leser*innen und auch mit Buchbloggern. Einige Autoren haben noch nie Kontakt zu Bloggern gehabt. Du gehst da recht offensiv vor. Ich finde es toll, wie wertschätzend du mit jeder Rezension umgehst. Was bedeuten Blogs für deine Arbeit?
Salih Jamal: Ich lese ja selbst recht viel, und ich kann mich sehr begeistern, wenn ich eine leidenschaftliche, gute Buchbesprechung mit Inhalt, Meinung, Zitat und Begründung lese. Ein Feedback ist unbedingte Wertschätzung. Ich habe sogar schon PayPal auf Blogseiten geklickt. Das solltet ihr auf euren Seiten öfter anbieten, anstatt bezahlte Werbung zu machen. Jeder, der sich begeistert, sollte ein paar Cent übrighaben. Es muss ja nicht gleich in der Höhe eines Autorenhonorars sein.
Ich könnte selbst keine Kritiken schreiben. Weil ich vielleicht zu gefühlsbetont an so etwas herangehe. Versucht habe ich es mit einigen Rezensionen. Aber ich frage mich auch, ob mir das als Autor überhaupt zusteht. Natürlich wünsche ich mir auch, dass der eine oder andere Blogger mein Zeugs liest. Vor allem wenn ich sehe, was dort in den Regalen steht. Dann denke ich schon: „Lies es. Es passt.“ Aber Lesezeit ist begrenzt und Titel gibt es viele. Deshalb empfinde ich eine große Portion Stolz, Dankbarkeit, aber auch Demut ob der Helden, die da besprochen werden, und die ich ja teilweise auch gelesen habe.

Silvia: Mich würde schon sehr interessieren, wie Autor*innen die Bücher, die sie so lesen, besprechen würden. Vielleicht hast du ja doch mal Lust Rezensionen zu verfassen. Und ja, es gibt soooo viele Bücher, nicht alle, die interessant scheinen kann ich lesen. Eigentlich nur einen Bruchteil davon. Dadurch entgeht mir sicher vieles, aber was soll ich machen? Schließlich habe ich noch andere Interessen, neben der Literatur. Was machst du, wenn du nicht schreibst?
Lektüre
Salih Jamal: Lesen. Aktuell: „Das schwarze Königreich“ von Szczepan Twardoch. Dann noch kochen und dabei Musik hören.
Silvia: Wenn ich koche, dann meistens mit Hörbuch. Doch manchmal geht mit Musik alles besser von der Hand.
Ich bin ja Kölnerin, die lebst in Düsseldorf. Für Kölner ist Düsseldorf die verbotenen Stadt 😉. Wie gefällt es dir dort?
Düsseldorf
Salih Jamal: Frage: Kannst du dir vorstellen, dass die Hosen eine Band aus Nippes wären? Im Gegensatz zu Köln hat (für mich) Düsseldorf genau die richtige Größe. Man kann alles fußläufig erreichen und man kennt sich. Irgendwo trifft man immer wen, mit dem man mal irgendwann gefeiert hat. Allerdings ist das Kulturangebot bei euch größer. Und der Karneval ist 8x besser. Aber das sind alles ganz feine Nuancen des Rheinlands. Ich mag Köln schon sehr.
Silvia: Dann ist es ja gut, dass die beiden Städte recht nah sind, zumindest geografisch. Allerdings würden die Toten Hosen sehr gut nach Köln passen. Ich habe sie schon in Köln auf Konzerten erlebt, da war immer eine super Stimmung! Ich oute mich ja nicht gerne: aber ich habe auch mal zwei Jahre in der Landeshauptstadt gelebt und jetzt wohnt meine älteste Tochter dort. Aber klein kam mir diese Stadt nie vor. Wenn die derzeitigen Einschränkungen vorbei sind, dann werde ich auch wieder häufiger dort sein. Vielleicht können wir uns dann mal auf einen Kaffee treffen. Auf was freust du dich am meisten, wenn die Corona-Beschränkungen endlich ein Ende haben?
Salih Jamal: Ich werde hemmungslos durch die Stadt ziehen. Vorher ein Konzert mit Tanz und Schweiß.
Silvia: Tanzen gehen steht bei mir auch ziemlich weit oben auf der Liste! Außerdem natürlich endlich wieder Treffen mit Freunden. Wird bald hoffentlich alles wieder möglich sein.
Ich danke dir Salih für deine Zeit und die Bereitschaft meine Fragen zu beantworten. Ich wünsche Dir noch viel Erfolg mit deinen Romanen.

Habe in Griechenland Das perfekte Grau gelesen, tolles Buch mit viel Lebensweisheit, jedoch der Schluß lässt für mich noch einige Fragen offen, war Mimi real oder nur in Gedanken hinter Dante und was war seine Entscheidung bezüglich des Kissens
Hallo Werner,
für mich war Mimi real und das die letzte Entscheidung Dantes nicht bekannt wird fand ich klasse.
Ich hoffe, du hattest einen schönen Urlaub.
Silvia