Sarah Moss: Sommerhelle Nächte
Freitag, 11. Juli 2014
Kauft Ihr schon mal Bücher, weil das Cover so schön ist? Ich schon! Dieses Buch ist mir auf der diesjährigen Leipziger Buchmesse aufgefallen. Das Foto sieht sehr nordisch aus und die Farben des Titels harmonieren so wunderbar dazu. Es passt einfach alles zusammen. Naja, dass der Inhalt mich nicht sofort angesprochen hat, wurde dann einfach zur Nebensache. Ich hatte die Hoffnung, dass es mich vielleicht motiviert, mal nach Island zu fahren. Aber erst einmal zum Buch:
Sarah Moss verbringt mit ihrer Familie (Mann und zwei kleine Jungs) ein Jahr in Island. Sie unterrichtet an der Uni und berichtet von ihrem ungewöhnlichen Leben in dem unwirklichen Land. Schon immer war die Engländerin von den Ländern hoch im Norden fasziniert und so freut sie sich auf ein Jahr in Island.
Sie schreibt mit einer Begeisterung über dieses Land, die einem nicht so ganz einleuchten will. Was ist schön an dem langen Winter, der eigentlich schon im September beginnt, der langen Dunkelheit? Im Mai gibt es nur Fensterwetter – Wetter, das man nur von drinnen genießen kann, da es einfach noch zu kalt ist um rauszugehen.
Das Jahr der Familie beginnt im Juli – eben mit den sommerhellen Nächten. Die ersten Tage sind mit Einrichten und Einleben ausgefüllt, die Kinder brauchen Schule und Kindergarten. Zum Reisen reicht die Zeit nicht, dann kommt der Winter, in dem man gar nicht reisen kann, da es einfach zu kalt ist und als das Frühjahr kommt und sie endlich was vom Land sehen wollen, bricht der Vulkan aus, der halb Europa lahmlegt. Sie sind davon insofern betroffen, weil sich viele Freunde eingeladen hatten, die es aber nicht schaffen, da kaum Flugzeuge fliegen.
Die Autorin, die Ausländerin, versucht in ihrem Jahr, die Isländer zu verstehen. Wie sind die Einheimischen gestrickt? Warum gibt es keinen Second-Hand-Markt, was verbirgt sich hinter der Wirtschaftsflaute, wie ernähren sich die Isländer ohne Obst und Gemüse? Man lernt als Leser viel über das Land.
Auf jeder Seite ist die Liebe der Autorin zu diesem ungewöhnlichen Land zu spüren.
Mir hat das Buch sehr gefallen. Bisher kannte ich Island nur aus einigen sehr wenigen Erzählungen. Jetzt habe ich einen ganz besonderen Einblick in das Land bekommen. Nachvollziehen kann ich die Faszination dieses Landes nicht, aber ich verstehe, dass es für die Autorin sicher ein besonderes Erlebnis war. Sogar mir ging dieses Land tagelang nicht mehr aus dem Sinn.
Aber meine Hoffnung, dass dieses Buch Motivation für eine Reise in dieses Land werden könnte, hat sich total zerschlagen. Es ist sicher nicht als „Reisebuch“ zu empfehlen.
So, das ist also das Buch zu den Keksen. * Glückskekse * Vielleicht habe ich ja den einen oder anderen neugierig auf dieses Buch gemacht.
OT: Names for the Sea: Strangers in Iceland
Aus dem Englischen von Nicole Seifert
464 Seiten,
gebunden mit Schutzumschlag und Lesebändchen
€ 22,–
ISBN 978-3-86648-186-2
Erschienen am 11. März 2014
Eine Reise-Empfehlung ist Sarah Moss’ Buch „Sommerhelle Nächte“ wohl wirklich nicht. Und ich muss zugeben: Ich habe es nicht gelesen, weil ich mich für Island interessiere, sondern weil es mir als eine etwas andere Perspektive auf Fremdsein und Anderssein empfohlen wurde. Tatsächlich habe ich begonnen, mich von „fragwürdigen“ isländischen Sitten abzugrenzen. Im Geiste war nicht mehr der eine oder andere Migrant in meinem Alltag, sondern ich selbst eine Außenseiterin.
Auch ich würde „Sommerhelle Nächte“ jederzeit weiterempfehlen – jedoch nicht als politisch korrektes Selbstfindungsangebot, sondern wegen Sarah Moss’ bildhafter Sprache. Sie schafft es, Schönheiten und Extreme der Natur lebendig werden zu lassen. Ihr Text sorgt für Kopfkino und macht schon allein deshalb neugierig auf Island.
Sarah Moss‘ Sprache ist wirklich brilliant. Nachdem mir auch ihr Roman „Schlaflos“ gut gefallen hat, warte ich nun auf ihr nächstes Werk. Hoffentlich bekommt die Autorin auch in Deutschland bald mehr Beachtung.