Sarit Yishai-Levi: Die Schönheitskönigin von Jerusalem
Sonntag, 17. April 2016
Ein Roman, eingebunden in die Geschichte Israels
Last Euch bitte nicht von diesem Titel und dem Coverbild von diesem Buch abschrecken. Es passt für mich so gar nicht zum Stil des Buches. Ich verbinde mit dem Cover ein seichtes Buch über eine langweilige Frau. Aber mitnichten, dieses Buch ist weder seicht noch langweilig.
Der Roman spielt wie ihr euch denken könnt in Israel, hauptsächlich in Jerusalem. Es ist eine Familiengeschichte, die über 4 Generationen geht und das letzte Jahrhundert in Israel widerspiegelt.
Dabei begegnet uns in jeder Generation eine Frau, die zwar verheiratet ist, aber nicht geliebt wird von ihrem Mann. Und dabei ist es unabhängig, ob diese Ehe arrangiert wurde oder ob der Ehemann selbst ausgesucht wurde.
Gabriela führt uns hinein in ihre Familiengeschichte. Sie ist die Urenkelin von Merkada, die Enkelin von Rosa und die Tochter von Luna. Ihre Familie gehört zu der Gruppe der sephardischen Juden in Israel. Sie sind vor etlichen Jahrzehnten aus Spanien in das Land gekommen. Während ihre Ur- und Großmutter noch mit ihren Ehemännern verheiratet wurden, obwohl sie sich gar nicht kannten, konnte ihre Mutter Luna ihren zukünftigen selbst erwählen. Doch auch das brachte ihr kein Glück, alle Ehen waren unglücklich. Gabriela versucht die Familiengeschichte zu durchdringen und den Fluch, der anscheinend auf den Frauen ihrer Familie liegt, zu durchbrechen.
Den größten Teil der Geschichte nimmt die Familiengeschichte der drei Schwestern Luna, Rachelika und Bekki ein. Luna ist die schönste der Schwestern, nur auf ihr Aussehen und Vergnügen bedacht, die anderen beiden stehen mit beiden Füßen im Leben.
Diese Familiengeschichte beinhaltet auch die politischen Ereignisse des letzten Jahrhunderts in der Region. Anfangs wird das Land von den Türken belagert, von den Engländern „befreit“, bevor Israel zu einem eigenen Staat wird. Leben Araber und Juden anfangs relativ friedlich zusammen, wird es nach der Unabhängigkeit unerträglich und die Kriege im Land beginnen.
Es gibt keine Jahreszahlen in diesem Buch, was mir die Orientierung etwas schwer macht. Aber da ich früher viele Zahlen und Fakten pauken musste, gelingt mir die Einordnung nach ein wenig Übung und mir gefällt die Kombination mit realer Geschichte und fiktivem Roman.
Irgendwann – mitten im Buch – wird mir eine Frage beantwortet, die ich mir stelle, seitdem ich vom Holocaust erfahren habe.„Warum konnte das passieren?“ Warum hat man damals nicht alles möglich gemacht, um die Juden aus Deutschland rauszuholen? Die Beschreibung der Juden in Palästina und die aktuelle politische Lage bei uns, hilft mir endlich zu verstehen. Wobei der Holocaust im Buch gar keine Rolle spielt!
Fazit
Eine Familiengeschichte mit anspruchsvollem historischen Background. Ich tauche voll ein in diese jüdische Familie, die kein leichtes Leben führt. Anfangs überfordern mich die vielen fremden Namen und die vielen jüdische Begriffe. Insgesamt hat mir die Mischung aus Realität und Fiktion sehr gefallen.
Sarit Yishai-Levi
Die Schönheitskönigin von Jerusalem, Übersetzt von Ruth Achlama, Gebunden mit Schutzumschlag, 618 Seiten, Aufbau Verlag, 978-3-351-03631-7
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