Altes Land
Montag, 6. April 2015
Ida Eckhoff, eine Patriarchin auf einem traditionellen Obsthof im alten Land, muss Ende des zweiten Weltkrieges Flüchtlinge aufnehmen.
Dabei hat sie mit ihrem Sohn Karl, der seelisch verkrüppelt aus dem Krieg zurückkam, schon genug Kummer.
Einquartiert werden Hildegard und deren Tochter Vera.
Hildegard ist selbst auf einem großen Gut aufgewachsen, übernimmt herrisch das Regiment über Hof und Karl. Sie heiraten. Die kleine Vera freundet sich mit ihrer neuen Großmutter an, Hildegard und Ida geraten allerdings immer wieder aneinander. Ida zieht daraus eine schreckliche Konsequenz.
Später verlässt Hildegard Hof, Mann und Tochter um wieder standesgemäß zu leben. Vera bleibt mit Karl, der bis zum Ende seines langen Lebens keine Nacht mehr durchschläft, zurück.
In ihrem neuen Leben hat Hildegard einen neuen Mann, ein neues Haus, neue Kinder. Vera lässt sie nur selten an ihrem Leben teilhaben.
So bleibt Vera bleibt für immer in diesem Haus. Sie ist so herrisch wie ihre Mutter, aber nicht kalt und vereist wie diese, sondern leidenschaftlich und wild. Die durch ihre Vergangenheit entstandenen Bindungsängste behält sie aber für immer. Doch sie geht ihren Weg, wird Zahnärztin, leistet sich Pferde und kümmert sich liebevoll und aufopfernd um ihren Stiefvater.
Dann stehen plötzlich wieder Flüchtlinge vor diesem Haus: Veras Nichte Anne mit ihrem kleinen Sohn. Auf der Flucht vor dem Leben im Hamburg. Vor ihrem Mann, der eine Neue hat. Und auch bald ein neues Kind.
Auch Anne liebt ein freies Leben. Sie hat sich aus den Zwängen ihrer Mutter Marlene (Tochter von Hildegard) befreit, die Musikhochschule hingeschmissen und eine Tischlerlehre begonnen. Dort hat sie eine neue Familie gefunden, die ihr Halt und ein warmes Zuhause gab.
So wie damals Vera Ida für sich einnahm, schafft das jetzt der Kleine mit Vera. Das Leben geht weiter und hat plötzlich auch viele schöne Situationen für Vera. Natürlich geht das Zusammenleben auch nicht ohne Reibungen von statten. Aber die beiden starken Frauen arrangieren sich sehr gut.
Gegen Kost und Logis möbelt Anne das Haus auf. Ein wunderschönes altes Haus, an dem Jahre nichts mehr gemacht wurde, obwohl genug Geld da war. Denn Vera war da irgendwie abergläubisch.
Plötzlich ist das Haus voller Leben. Manchmal auch mit zu viel davon. Doch jetzt hat auch Vera eine Familie.
Buchtrailer
Einige Informationen über das Buch und das Alte Land verrät die Autorin in diesem Trailer:
https://youtube.com/watch?v=vzNn6dcLQV8%3Frel%3D0
Eine wichtige Episode im Buch wird die Reise von Marlene mit Anne nach Ostpreußen. Dort versuchte Marlene ihrer kalten Mutter posthum näher zu kommen. Dabei werden auch die näheren Umstände der Flucht erläutert. Hildegard ist im Winter bei der Flucht durch das Eis selber vereist. So wird aus dem „Ungeheuer“ wieder selbst ein Opfer. Marlene selbst hatte zwar die Mutter um sich, aber diese war kalt und band sich emotional auch nicht an die eigenen Kinder. So bleibt Annas Mutter ihrer Leben lang heimatlos durch die Sehnsucht nach dem menschlichen Kern ihrer Mutter. Doch sie kann ihr auch in deren ursprünglicher Heimat nicht wirklich nahe kommen.
Auch die Familie meines Vaters wurde vertrieben, musste flüchten, alles zurück lassen. Er hat den Blick zurück nicht gewagt. Doch das Wort „Heimat“ verbindet er immer noch mit dem Ort, an dem er als Kind gelebt hat. Nach der Flucht blieb kein Kind mehr in ihm übrig. Die Sehnsucht nach der alten Heimat birgt auch die Sehnsucht nach der Kindheit.
Hörprobe
Sehr schön vorgetragen durch Hannelore Hoger. Sie lässt sich viel Zeit mit ihrem Vortrag. Man hört ihr das Nordlicht an, wie in dieser Hörprobe.
Leider ist das Hörbuch gekürzt. Ob das der Geschichte wirklich abträglich ist kann ich nicht beurteilen, da ich das Buch noch nicht gelesen habe.
„Altes Land„: Eine Geschichte den Wert von über Heimat und Familie, die einmal mehr um Verständnis mit der Kriegsgeneration wirbt und aufzeigt, dass die Nachwirkungen auch in den Folgegenerationen zu spüren sind.
♌
Ein wunderschönes Buch mit einer schönen Sprache … ♥
Endlich habe ich das Buch gelesen und auch Deine Rezension noch einmal. Rezensionen lese ich mir immer gerne nach Vollendung eines Buches ein zweites Mal durch. Auch den Trailer habe ich mir aufgehoben für „danach“.
Mir ist ehrlich gesagt nicht klar, warum man das Hörbuch gekürzt hat. Bei diesem Buch fand ich absolut keinen Satz überflüssig.
Für mich wird dieses Buch eins meiner Lieblingsbücher werden. Der Sprachstil erinnert mich so dermaßen an eine meiner Lieblingsautorinnen. Irina Korschunow ist leider vor zwei Jahren verstorben, so dass ich von ihr nur alte Bücher lesen kann. Von Dörte Hansen erhoffe ich mir nun weitere Bücher.
Die Sprache des Buches ist einfach klasse. Kurz und knackig. Vor allem die Beschreibungen der Bewohner des alten Landes sind toll und sicher zutreffend. Lachen musste ich über die Beschreibungen der Familien in Hamburg-Ottensen. Es soll ja wirklich Leute geben, die sich nicht trauen, zuzugeben, dass sie aus diesem Stadtteil kommen.
Gänsehaut gab‘s auch. Kam doch ein großer Teil meiner Familie aus Ostpreußen. Und auch die machten eine Reise in die alte Heimat, in die Wohnung von damals, wo nun Russen lebten. Zum Glück kein altes Herrenhaus – die gab es wohl hauptsächlich in den Romanen.