[Rezension] Max Wolf: Glücksreaktor
Sonntag, 2. Juni 2019
Seit Silvia und ich bloggen, versuchen wir unsere Familien zu motivieren, auch mal etwas zu veröffentlichen. Bisher leider erfolglos. Als im letzten Jahr eine E-Mail von Max Wolf im Postfach landete, erzählte ich meinem Mann von seinem Buch „Glücksreaktor“. Er war sehr begeistert vom Inhalt und versprach mir zu dem Buch sogar eine Rezension. Soll ich ehrlich sein? Ich habe nicht wirklich damit gerechnet. Zu Weihnachten bekam er das Buch, las es auch begeistert, aber ansonsten lag es auf seinem Schreibtisch – wurde nur ab und zu von einer Seite auf die andere gelegt. Letztes Wochenende erlebte ich dann die Überraschung. Seine Rezension!!! Wollt ihr mal lesen?
Glücksreaktor
Ob Max Wolf jemals Drogen genommen hat, weiß ich nicht. Sagt er auch nicht. Aber in jedem Fall hat er in „Glücksreaktor“ die Wirkung und das Millieu der Drogenwelt super-eindrucksvoll beschrieben. Ich brauche keine kleinen rosa Glücks-Pillen mit Delphinen drauf mehr ausprobieren, ich brauche keine 30 Stunden mehr in einem Techno-Gewitter durchzutanzen. Nach diesem Buch weiß ich, wie man sich dabei fühlen muss.
Einige von Euch werden noch „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ kennen. Ein heftiges Buch über die Drogenszene in den Siebzigern in Berlin und das Abrutschen von Christiane F. in den Heroin-Sumpf. Das war beeindruckend und intensiv. Das Problem dabei: Gute Laune hat das Buch beim Lesen wirklich nicht gemacht. Sollte es auch nicht.
Und „Glücksreaktor“? Irgendwie beschreibt es das Abrutschen von Fred in den Drogensumpf genauso eindrucksvoll und intensiv wie bei Christiane F. Aber Max Wolf schafft es, dabei keine schlechte Laune oder gar Ekel bei mir aufkommen zu lassen. Diesmal sind es die Neunziger, diesmal sind es Ecstasy, Speed und Koks. Ehe ich mich versehe, bin ich mit Fred mittendrin. Mittendrin in der Ablehnung aller Dinge eines 17-Jährigen, die das tägliche Leben mit Schule, Eltern und Arbeit so unfassbar spießig machen. Mittendrin in der geilen, aufgeputschten Wochenend-Stimmung, in der nur noch Tanzen und Rhythmus auf dem Dance-Club Schiff „Das Boot“ und dem „Belly Cloud“ zählen. Und direkt dabei, wenn Fred immer stärker in diesem Drogenstrudel versinkt und selbst nicht registriert, wie tief er dort schon drinsteckt.
Das Ameisenleben
Freds Eltern leben das langweiligste Ameisen-Leben als Siemensianer in Erlangen-Faitach, das es gibt. ‚tschuldigung übrigens an alle Erlanger und Siemens-Mitarbeiter, aber dieses Bild ist grandios gewählt! Seine Mutter ist Ameisen-Hausfrau und pendelt von Herd zu Waschmaschine. Sein Vater ist Ingenieur mit Aktentasche und stolz, es bei dem Elektro-Weltkonzern zu einer soliden Anstellung gebracht zu haben. Im Gegensatz dazu weiß Fred, was man aus dem Leben wirklich machen muss. Leben am ständigen Maximum, katapultiert auf eine neue Umlaufbahn.
Dazu schafft er es seine Eltern davon zu überzeugen, eine eigene Bude in Erlangen zu bekommen, obwohl er mit der Schule noch nicht fertig ist. So verlässt er das „Ameisengravitationsfeld“ und kann ungestört mit seinen Freunden Nick und Natalie abhängen, Musik hören und bei Joints relaxen. Und mit Ihnen dringt er ein in die Welt der Techno-Parties. Von Samstag Abend bis Montag Morgen. Aus den Clubs direkt in die Schule. Die Szene putscht sich mit Ecstasy und Koks auf, um 2 Tage non-stop durchzutanzen.
In der Woche holt sich Fred mit Marihuana dann wieder runter. Von Montag bis Freitag kann man sich ja vom Wochenende erholen. Das dabei Schule und alles andere baden gehen, ist logisch, aber das stört ihn nicht. Für die Wochenenden lebt man. Das ist es genau, was man im Gegensatz zu all den alten Spießern – den „Ameisen“ – aus seinem Leben machen muss. Nick und Natalie verstehen irgendwann, dass dies nicht die einzigen Inhalte im Leben sein können. Und so wird die Distanz zwischen Fred und seinen Freunden größer, was ihn aber nicht stört. Er reitet weiter auf seiner Glückswelle, wähnt sich auf dem Maximum seiner Lebensfunktion und merkt nicht, wie weit er doch schon abgestürzt ist.
Raver-Szene, jugendliches Besserwissen und Unbelehrbarkeit, das langsame Versinken im Drogensumpf – so könnte es sein. Stelle ich mir jedemfalls so vor. Auch die Jugendsprache. Ob Max Wolf sie gut getroffen hat? Kann ich nicht genau sagen, aber sie passt zum Buch und zur Atmosphäre. Da Fred in der Schule Physik und Mathe als Leistungskurse hat, ist seine Sprache durchdrungen von naturwissenschaftlichen Bildern. Sein Gehirn besteht aus „Schaltungen“ und „Phantasielappen“, wenn er anhält, geht sein „Beschleunigungsvektor“ in den „negativen Bereich“ und sein Freund „vibriert“ manchmal auf einer „unbekannten Frequenz“.
Spannendes Debüt
„Das Feuerwerk in meinem Schädel hört nicht auf. Und schon kommt wieder eine dieser perfekten Elektrowellen auf mich zugeschwappt.“ Danke, Max Wolf, für diese eindrucksvolle, unterhaltsame und gleichzeitig nachdenklich machende Erzählung.
Also mir gefällt die Rezension super. Ich freue mich sehr, dass es geklappt hat. Und ich bin gespannt, wer von unseren Familien es als nächstes versuchen wird.
Kannst Deinem Göttergatten ausrichten, dass mir diese Rezension sehr gefällt!
LG
Vielen Dank! Da wird er sich freuen.