Verlagsvorstellung: Droschl
Dienstag, 26. Januar 2016
Der Droschl-Verlag widmet sich
…ausschließlich und mit bemerkenswerter Kontinuität der Gegenwartsliteratur, deutsch- und fremdsprachigen Autoren gleichermaßen.
Das diesem Beitrag zugrunde liegende Interview führte ich während der FBM15. Mein Gesprächspartner war Dr. Rainer Götz. Der Lektor gehört dem Verlag seit seiner Gründung an und ist ein sehr kompetenter, eloquenter und interessierter Gesprächspartner. Zu seinen Aufgaben gehört neben dem Lektorat auch die Auswahl der zu verlegenden Bücher.
Er macht also das Programm. Dieses besteht aus ca. 5 Büchern pro Halbjahr. Mehr kann die Mitarbeiterzahl von nur vier Personen nicht stemmen.
Der Name des Verlags ergibt sich aus dem des Gründers Max Droschl. Die Leitung wird inzwischen durch seine Tochter, Annette Koch, durchgeführt.
Der österreichische Verlag mit Sitz in Graz ist ein kleiner aber feiner Verlag, der letztes Jahr mit dem Buch „Eins im anderen“ von Monique Schwitter auf der Shortlist des deutschen Buchpreises stand. Dieses Buch erhielt dann zwar nicht den deutschen, aber den Schweizer Buchpreis. Und Droschl schaffte es tatsächlich noch einen weiteres Buch auf der Longlist zu platzieren: Aberland von Gertraud Klemm. Für einen Verlag, der zehn Bücher im Jahr veröffentlicht, ein bemerkenswertes Ergebnis.
Das der Sitz in Graz ist, ist kein Zufall. Der Verlag entstand 1978 aus einer Autorenbuchhandlung und Galerie. Die ersten Bücher waren deshalb auch Kunstbücher. In den 1980iger Jahren war Graz die „heimliche Hauptstadt deutschsprachiger Literatur“, so sagte Dr. Götz.
Akzente setzt der Verlag durch einige Reihen, neue übersetzte Literatur und das „risikofreudige Publizieren von Erstveröffentlichungen“. Das ist auch ein wenig Selbstschutz, denn bekannte Autoren suchen gerne die Sicherheit von großen Verlagen.
Ebenfalls positiv fiel mir die sehr ansprechend gestaltete Homepage des Verlages auf.
BIBLIOMANOSOPHIE
Gut gefällt mir die Möglichkeit Abonnements auf das Verlagsprogramm abzuschließen. Unter dem Begriff Bibliomanosophie gibt es verschiedene Möglichkeiten sich automatisch die Bücher aus dem Verlag schicken zu lassen.
Als Herausforderungen der Zukunft beschreibt Herr Götz den Versuch sich mit dem Marketing auf die wahrscheinlichen Erfolgsbücher zu konzentrieren, bei den Nominierungen möglichst dabei zu sein. Denn gekauft wird nur, worüber gesprochen und geschrieben wird.
Bestseller
Auch bei Droschl sind Bestseller am ehesten die Longseller. Als bisher insgesamt bestverkaufte Bücher sieht Götz Fäkaliendramen von Werner Schwab und die Bücher von Reinhard. P. Gruber, eine Art österreichischer Superstar, der in Deutschland aber fast gar nicht bekannt ist. Außerdem das Buch Mehr Meer von Ilma Rakusa, welches 2009 den Schweizer Buchpreis erhielt.
Als persönlichen Buchtipp wurde mir Eisflüstern von Bettina Balàka ans Herz gelegt.
Droschls neues Programm
Das Frühjahrsprogramm 2016 erscheint im Februar . Es umfasst unter anderen Erzählungen des bulgarischen Autors G. Gospodinov . Eine Liebesgeschichte von Thomas Jonigk und als Debüt das Buch Traurige Freiheit von Friederike Gösweiner.
Etwa 90 % der Droschl-Bücher erscheinen auch als eBook, wobei der Absatz dieser Präsentationsform interessanterweise stagniert.
Droschl und der Buchhandel
Die Auswirkungen des Online-Handels, mit den Preisabsprachen und auch die Auswirkungen etwaiger neuer Handelsabkommen sind kaum voraussehbar. Sehr wichtig ist der lokale Buchhandel. Durch Spezialisierungen ist das der wichtige Markt für kleinere Verlage.
Droschl und Blogger
Ein Thema, das Herrn Götz sehr fasziniert. Plötzlich stellte er die Fragen, ich antwortete. Er war sehr interessiert an meiner Motivation zu bloggen, meine Wege Blogs zu finden, die für mich wichtig sind und fragte nach Blogs, die meiner Meinung nach für den Verlag relevant wären. Denn die Bloggerszene ist riesig (wie wir alle wissen) und für so kleine Verlage total unübersichtlich. Droschl versucht die Szene zu beobachten, was mit so wenigen Mitarbeitern aber kaum möglich ist. Ich denke, wir Blogger müssen zu kleineren Verlagen selbst die Kontakte knüpfen um eine gute Zusammenarbeit möglich zu machen.
Wenn Herr Götz selbst mal durchs Netz fliegt um neue Blogs zu entdecken ist er zum Teil von dem niedrigen Niveau erschreckt. Andererseits haben Blogs eine große Bedeutung für den Buchmarkt, da sie ein „großartiges Enthusiasmus-Potential“ in sich tragen.
Ich danke Herrn Götz für dieses interessante Gespräch und die gebotenen Einblicke. Statt der veranschlagten 30 Minuten waren wir über eine Stunde in die Unterhaltung vertieft. Hätte ich nicht einen Folgetermin gehabt, hätte ich gerne noch weiter über Blogs diskutiert.
♌
Da hast du ja ein wirklich interessantes Gespräch gehabt. Noch nie von dem Verlag gehört, da werde ich ab jetzt aufmerksamer sein und auch gezielt nach schauen.
Vielen Dank für das Verlagsportrait. Ich habe mich gleich einmal auf dessen Seite umgesehen.
Grüße
Steffi
Schön, dass es Dir gefallen hat. Es war ein sehr anregendes Gespräch.
Kleine Verlage sind aber auch schwer zu finden. Bevor ich mit bloggen anfing, kam mir gar nicht der Gedanke, dass es sie geben könnte. Würde mich nicht wundern, wenn es nicht nur mir so ginge. Das Gespräch war sicher interessant und ganz speziell die Anmerkungen bzgl. dem Niveau.
Danke für die Vorstellung. 🙂
Wir können sicher noch viele Bücher entdecken, wenn wir mal etwas abseits der breiten Werbe-Pfade suchen. Ich werde mich weiter auf Entdeckungsreise begeben!
Schönes Porträt!
Ich habe bereits mehrere Titel von Droschl auf meinem Blog besprochen. Jedes Programm ist eine Überraschung!
Hier gehts zu „Traurige Freiheit“:
https://literaturleuchtet.wordpress.com/2016/02/12/friederike-goesweiner-traurige-freiheit-literaturverlag-droschl/