Erich Kästner: Der Herr aus Glas
Sonntag, 24. Januar 2016
Wer kennt sie nicht? Seine Kinderbücher „Emil und die Detektive“, „Das doppelte Lottchen“ und „Das fliegende Klassenzimmer“? Neben Pippi Langstrumpf waren sie meine absoluten Lieblingsbücher. Und den Film „Drei Männer im Schnee“ kennt ihr sicher auch.
Daher war es kein Wunder, dass ich kürzlich in der Buchhandlung dieses Buch kaufte. Ich lese keine Kurzgeschichten! Weil ich sie langweilig finde und es einfach schade finde, dass sie so schnell zu Ende sind und ich mich wieder in eine andere Geschichte einfinden muss. Nicht so bei Kästner. Jede Kurzgeschichte hat mir gefallen. Nie bin ich auf die Idee gekommen, dieses Buch vorzeitig zu beenden, so wie ich das mit allen Kurzgeschichten der letzten Jahre gemacht hatte.
Das Buch beinhaltet über 40 Geschichten, einige davon wurden bisher lediglich in Zeitungen und Zeitschriften veröffentlicht. Am Ende des Buches gibt es einen umfangreichen Anhang. Drucknachweise und Kommentare. Und ein Nachwort des Herausgebers. Auch wenn ich mich lediglich an die Kinderbücher von Kästner erinnere, beinhaltet dieses Buch keine Kindergeschichten.
Zeitlich liegen die Geschichten zwischen den frühen Zwanzigerjahren und der Nachkriegszeit. Einige der Erzählungen sind also annähernd hundert Jahre alt. Der Sprache merkt man das an, die Umgangsformen sind doch für heutige Verhältnisse sehr altmodisch, aber insgesamt ist das Buch sehr verständlich.
Mir hat die Vielfalt der Geschichten gefallen. Einige waren zum Lachen, andere zum Weinen und viele zum Nachdenken. Während ich viele Geschichten schnell wieder vergessen habe – zum Merken sind es einfach zu viele – sind mir einige auch nach der Lektüre sehr präsent. Sozusagen fürs Leben. „Die Reisen des Amfortas Kluge“ waren so fantasievoll, dass mir diese Geschichte am besten gefiel. Vielleicht kennt diese einer von Euch? Mir geht nun ein Bild nicht mehr aus dem Kopf. Zwei Herren spazieren mit Pinguinen an der Leine durch Kopenhagen.
Dieses Buch ist eine wunderbare Lektüre vor dem Einschlafen. Da fast alle Geschichten sehr kurz sind, ist eine immer zu schaffen. Für mich hätte das Buch allerdings gerne nach 30 Geschichten aufhören können, ich war nicht mehr in der Lage, alles aufzunehmen und brachte die Geschichten durcheinander. Vielleicht ist es etwas zu viel des Guten.
Meine Lieblingsgeschichten sind „Die Reisen des Amfortas Kluge“, „Anitas Weißfüchse oder der treue Kumpelpelz“, „Der Herr aus Glas“, die dem Buch den Namen gibt, „Der Hungerkünstler“, „Mama bringt die Wäsche“.
Vor ein paar Jahren war ich auf dem Theaterschiff „Das Schiff“ in Hamburg. Dort verbrachte ich einen köstlichen Abend mit dem Programm „Außer man tut es“ von Erich Kästner. Mit Erstaunen habe ich kürzlich gelesen, dass es das Programm immer noch gibt. Ob ich noch einmal hingehe. Lust hätte ich jetzt…
Erich Kästner, Der Herr aus Glas, Erzählungen, 304 Seiten, ISBN-13: 978-3-85535-411-5, Atriumverlag
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