Alleine ist man weniger zusammen
Dienstag, 26. Mai 2015
Der Autor Paul Bokowski ist bekennender Stadtneurotiker. Dazu gibt der Duden folgende Definition „Großstadtmensch, der durch die Lebensbedingungen, den Stress und die Hektik des Lebens in der Großstadt eine psychische Störung erlitten hat“
In diesem Buch erzählt er in vielen kleinen Geschichten aus seinem (?) Leben, Urlauben mit seinem Eltern, Zukunftsvisionen, denkwürdigen Telefonaten und von Fensterbrettgesprächen im Berliner Wedding.
Sehr skurril, unterhaltsam, seltsam, witzig, manchmal zum Totlachen.
Einiges bildet kurze Serien. Zum Beispiel, die Briefe, die sie Bruder und Schwester aus den Urlauben mit den Eltern schicken. So bedauert seine Schwester bei einem Besuch des Louvre mit den Eltern: „Nie ist eine Guillotine zur Hand, wenn man wirklich eine braucht.“ Durch die deutsch-polnische Herkunft der Familie gibt es auch in dieser Richtung nette Verwicklungen. So wird zum Beispiel in Polen streng verschwiegen, dass der Sohn kein Fleisch ist. Denn dort geht alles, aber nix vegetarisch. Das Verhältnis zu den Eltern ist liebevoll, aber verzweifelt. Die haben es mit veganen, homosexuellen Kindern aber auch nicht immer ganz leicht. Der Leser wird Zeuge von lautstarken Streits, die aber auf Polnisch durchgeführt werden. Ansonsten ist in der Beziehung der Eltern die Welt noch in Ordnung. So auch mit dem Rollenbild, wie das beschriebene fach-„männische“ betätigen einer Klospülung zeigt.
Der Autor fasst das Verhältnis zu den Eltern einmal zusammen
Wir hatten einen Punkt erreicht, an dem Wahnsinn und Humor nicht mehr auseinanderzuhalten waren.
Sehr schön der Anfang mit „Anruf bei der Polizei“ in dem der Polizist Schimanski am Notruftelefon über einen kleineren Notfall diskutiert.
Waschmaschinen werden mehrmals thematisiert. Die eine hat seltsame Lieferbedingungen, die andere wandert, was sie übrigens mit einem ausgedienten Aquarium gemeinsam hat.
Ein beliebter Nebenjob des Paul B. ist Housesitting:
… Wohnung hüten, Blumen gießen, Katze füttern. Für dreißig Euro am Tag. So ist das, liebe Kinder, wenn man Bücher schreibt.
Die Chaostheorie wird ebenfalls bestätigt: „Ein synchrones Augenrollen in einer Weddinger Straßenbahn kann ein paar Kilometer weiter einen Taifun auslösen.
Unvergessen die Hinterhofgespräche zwischen den Fensterbänken von Rita und Herta. Hier meine Lieblingsstelle:
„Rita: Da geht’s grad um Patientenverfügung.
Herta: Aha.
Rita: Haste sowat? Für den Notfall?
Herta: Nee. Aber sowat ähnlichet.Rita: Wat denn?
Herta: ’nen Strick. Rita!“
Am liebsten würde ich hier das halbe Buch zitieren. Ich hoffe, ich habe Euch neugierig gemacht auf ein tolles Gute-Laune-Buch.
Der Autor
Paul Bokowski hat hier sein zweites Buch veröffentlicht. Außerdem ist er Redaktionsmitglied der Literaturzeitschrift Salbader und Mitglied zweier Berliner Lesebühnen (von dort wandern auch Texte in seine Bücher). Er nennt sich selbst auch Vorleser und Geschichtenerzähler.
Im Buchtrailer liest er ein paar kurze Stellen aus dem Buch vor:
https://youtube.com/watch?v=hIMvvVoHRNA%3Frel%3D0
Was leckerekekse noch mit Paul Bokowski verbindet? Er hat tatsächlich einen Backblog !!!
♌
Paul Bokowski: Alleine ist man weniger zusammen, Manhattan Verlag, ISBN 978-3442547579, 160Seiten, Broschiert, 12,99€ [D]
Das Buch hört sich ja klasse an. Kommt sofort auf meinen SUB. Zum Glück ist mein SUB nur ein Zettel – viel platzsparender!
Ein Autor, ein Mann und dann noch ein Backblog!! Wirklich ungewöhnlich. Mir gefällt’s :-))