[Rezension] Donna Leon: Stille Wasser
Freitag, 16. Juni 2017
Das 26. ist mein Erstes!
Dieses Jahr ist Silvias und mein Italienjahr. Daher auch das Thema für diese Blogtour. Am letzten Freitag gab es den Auftaktpost und heute nun den ersten Beitrag. Dieser führt uns nach Venedig.
Donna Leons 26. Brunetti-Krimi „Stille Wasser“ ist kürzlich erschienen und da ich es vor meinem Venedigurlaub leider nicht schaffte, einen der andern 25 Fälle zu lesen, war dieser nun Pflichtlektüre. Im Gegensatz zu vielen von Euch war es mein erstes Buch von Donna Leon.
Ich liebe aber sämtliche Verfilmungen und genieße es, in die Welt der Venezianer abzutauchen.
Das Buch
Im 26. Buch der Krimireihe um den sympathischen Kommissar Brunetti täuscht dieser einen Schwächeanfall vor, um einen Kollegen vor einem schweren Fehler zu bewahren. Im Krankenhaus rät man ihm nach gründlicher Untersuchung zu Ruhe. Brunetti nimmt diesen Rat gerne an, da er sich erschöpft fühlt. Ihm ist nach Ausschlafen und Lesen zumute. So macht Brunetti sich auf zu einer – nicht einsamen – aber doch ruhigen Insel nahe Venedig ins leerstehende Haus einer Verwandten seiner Frau. Dort genießt er anfangs dann auch die Ruhe. Der Verwalter des Hauses ist ein ruhiger Mann, der früher mit Brunettis Vater gerudert ist. Beide freuen sich über die Anwesenheit des anderen und so machen sie zusammen ausgiebige Rudertouren. Brunetti lernt viel über das Rudern, die Bienen des Verwalters und auch über diese Insel. Die Idylle währt nicht lange. Ein Unwetter über der Insel sorgt für große Unruhe und einen Toten, der Brunetti aus seiner Ruhephase reißt.
„Stille Wasser“ ist ein ruhiger Krimi, Actionszenen sucht man vergeblich. Ich habe dieses Buch genossen, ist es doch genau richtig für mich als Nicht-Krimileser. Ich brauche es nicht blutrünstig, ich mag die Kopfarbeit der Akteure. Mir macht es auch nichts aus, dass dieses Buch sehr ruhig beginnt und man lange auf einen „Fall“ warten muss. Der Leser lernt in dieser Zeit viel über Bienen, übers Rudern und erlebt die Hitze Venedigs mit.
Da ich im Februar Venedig live erleben durfte, war dieses Buch eine schöne Gelegenheit, die Stadt vor meinem inneren Auge wiederzusehen. Ich kenne nun die Wege, die Brunetti geht!
… nahm Brunetti die Nummer eins von San Silvestro nach Ca’ D’oro und ging von dort zu den Fundamente Nuove, wo er rechtzeitig für das Boot um 10 Uhr 25 eintraf.
Natürlich weiß ich, dass Donna Leon die Touristenströme in Venedig zu viel sind. Aber dass sie auch in ihren Büchern sehr schlecht wegkommen, wußte ich noch nicht. Immer wieder wird gelästert über die dummen Touristen, die „Jagd nach indonesischer Burano-Spitze und chinesischen Murano-Glas“ machen.
Mein Lieblingszitat
Immer sind es die kleinen Tücken, die uns aus der Bahn werfen, dachte Brunetti. Trauer liegt in uns vergraben wie eine Landmine: Schwere Schritte stapfen folgenlos daran vorbei, während andere, die kaum den Boden berühren, sie zur Explosion bringen.
Gut verstehen kann ich die Leser, die sagen, sie haben irgendwann aufgehört mit den Venedigkrimis. Aber anscheinend gibt es nicht sehr viele Leser, die so denken. Wie sonst schafft es die 26. Folge einer Reihe gleich in der ersten oder zweiten Woche nach Erscheinen auf Platz eins der Spiegel-Bestsellerliste? Ich steige nun also jetzt erst ein in die Serie und freue mich, dass die Autorin bereits Band 27 beim Verlag abgegeben hat.
Lesung im Thalia Theater Hamburg
Ein paar Tage nach Beendigung von „Stille Wasser“ bekam ich die Gelegenheit, Donna Leon bei einer Lesung zu erleben. Bei TommiunddieSchmoeker las ich vor einiger Zeit von einer ihrer Lesungen und wollte sie auch gerne live erleben. Im Thalia-Theater in Hamburg gab es die Gelegenheit und ich freute mich sehr darauf. Leider waren meine gut ausgesuchten Plätze (perfekt zum Fotografieren) mit dem Mischpult verstellt, so dass ich mich mit hinteren Plätzen zufrieden geben musste!
Donna Leon ist eine faszinierende Frau, die mit Begeisterung von Venedig erzählt. Sie sorgt sich sehr um diese Stadt, die sie liebt und in der sie immer glücklich ist. Die Touristen und auch die vielen Kreuzfahrtschiffe belasten die Stadt zunehmend. Immer mehr Venezianer verlassen Venedig! Sie selbst findet Wege, den Touristen aus dem Weg zu gehen. Tipp von ihr: nachts rausgehen. Dem kann ich nur zustimmen. Nur dann bzw. am frühen Morgen könnt ihr solche Fotos machen.
Die Autorin las zwei Passagen auf Englisch aus ihrem Buch „Stille Wasser“. Annett Renneberg, die Schauspielerin der Signorina Elettra aus den Verfilmungen, las zwei Kapitel auf Deutsch. Sehr schade, dass man sie nicht mehr ins Gespräch eingebunden hat. Sie ist doch so viel mehr als nur eine Statistin! Und es wäre sicher lebendiger geworden.
Habe ich mich früher gefragt, wie ein Moderator es schafft, wortkarge Persönlichkeiten in Gespräche zu verwickeln, so habe ich mich diesmal aufgrund des sehr drögen Moderators gefragt, wie eine überaus lebendige Autorin damit umgehen kann. Sie gab wirklich ihr Bestes, beantwortete Fragen sehr ausführlich und charmant. Ich weiß nun, dass sie zur Bienenexperten wurde, um eine Seite über Bienen zu schreiben und dass Brunetti nur deswegen so schwere Bücher liest, weil sie die selbst liest.
Fazit des Abends: Donna Leon habe ich nun live erleben dürfen, gerne würde ich sie aber noch einmal im Gespräch mit Annett Renneberg erleben. Die beiden Damen auf der Bühne wären sicher ein tolles Team und insgesamt wesentlich lebendiger als die Konstellation, die ich in Hamburg erlebt habe.
Fazit
„Stille Wasser“ von Donna Leon ist ein ruhiger, wenig aufregender Krimi. Das Thema ist wie so häufig die fortschreitende Umweltverschmutzung. Brunetti und seine Kollegen decken mithilfe akribischer Polizeiarbeit mehr und mehr Unstimmigkeiten auf. Ein Buch für Brunetti-Liebhaber und solche Leser wie mich, die keine blutrünstigen Krimis brauchen, sondern sich auch gerne mit einem Krimi entspannen.
Wie sieht es bei Euch aus? Seid ihr Fans von Brunetti und seiner Familie oder habt ihr nach einigen Bänden aufgehört? Oder gibt es vielleicht jemanden, der auch noch nichts von Donna Leon gelesen hat?
INFOS ZUM BUCH
Stille Wasser |
Hey 🙂
Ich fürchte, ich gehöre auch in die Kategorie „Ex-Leser“ 😀 … Früher mochte ich die Bücher wirklich gerne, aber heute langweile ich mich eher. Die Verfilmungen schaue ich aber immer noch ganz gern, hab ich gemerkt. Wahrscheinlich weil da die Geschichte etwas straffer erzählt wird?
Liebe Grüße
Ascari
Liebe Ascari,
dann bin ich wirklich gespannt, wie viele ich schaffe. Band 27 werde ich wohl mal auf Englisch probieren.
LG Astrid
Oh danke für diese Buchvorstellung. Das gehört sich genau richtig an für eine ebenfalls Nicht-Krimi-Leserin aber Gerne-gut-erzählte-Geschichten.
Liebe Grüße
Andrea
PS: Und in einem anderen Leben habe ich auch mal ein paar Brunetti gelesen, genug um jetzt gerne noch mal einzusteigen
Liebe Andrea,
gerne! Dann weißt Du ja schon, auf was Du Dich einlässt. Viel Spaß beim Lesen!
LG
Astrid
Hallo Astrid,
ich bin kein Krimi – Fan, gerade deswegen lese ich Donna Leon’s „Softkrimis“ und die Geschichten um Commissario Brunetti besonders gerne – wegen Venedig! Ich gehöre auch zu den von Donna Leon ungeliebten Touristen und besuche Venedig immer wieder! Die Autorin, die nur eine Wahlvenezianerin ist und es nicht wagt ihre Romane auf italienisch zu schreiben, bzw. die Übersetzung verbietet, verleitet einen ja dazu!
Liebe Grüße,
Ingrid
Liebe Ingrid,
du hast ja so Recht! Dass ihre Romane in so vielen Sprachen übersetzt werden, nur nicht ins italienische, finde ich auch sehr merkwürdig. Und ihre Romane machen wirklich Lust auf Venedig. Ziemlich paradox!
LG
Astrid
Wow, was für ein tolles Foto…
An Venedig habe ich so viele schöne Erinnerungen.
Ich gestehe, von Donna Leon habe ich noch nichts gelesen, aber das wird sich ändern.
Das wird wohl meine Lektüre für das kommende Wochenende.
Liebe Grüße von
Heike
Liebe Heike,
viel Spaß beim Lesen und erzähle uns, wie es dir gefallen hat.
LG
Astrid
Liebe Astrid,
toll, jetzt habe ich richtig Lust bekommen, mal wieder einen Brunetti-Krimi zu lesen!
Vor langer Zeit hatte ich einmal das Vergnügen, Donna Leon ausführlich zu interviewen – aber nicht in Venedig, sondern in Wien. Als ich ihr sagte, dass ich noch nie in Venedig war, antwortete sie blitzschnell: Fahren Sie nicht hin!
Die Sache mit der touristisch bedingten Überfüllung ist also nicht neu. Seit ich in NYC lebe, verstehe ich das ganz gut. 😉
Ich freu mich auf die weiteren Bella Italia-Beiträge!
Petrina
Liebe Petrina,
Venedig ist aber trotz allem eine Reise wert. Genauso wie New York!
Aber ich verstehe jeden Einwohner, der genervt ist. Hier in Hamburg sind die Touristen auf die Attraktionen beschränkt und da bin ich nicht täglich.
Ich freue mich schon auf deinen Bella Italia Beitrag.
LG Astrid
So eine Lesung würde ich auch gern mal besuchen. Natürlich mit einer aktiven Annett Renneberg.
Ich habe auch fast alle Filme auf DVD und alle Bücher. Aber gelesen habe ich bis jetzt nur einen Bruchteil.
Viele Grüße aus Neustrelitz
Ich denke, wenn man die Filme schon kennt, machen die Bücher auch keinen Spaß mehr! Ich warte daher auf neue Ausgaben
Hallo ,
toller und interessanter Beitrag.
Ich würde mal gern eine Lesung besuchen aber es ist
leider nicht möglich.
Bücher finde interessant aber habe ich noch
nicht alle gelesen.
Liebe Grüße Margareta
Liebe Margareta,
vielen ist es leider nicht möglich, auf Lesungen zu gehen. Deswegen berichten wir hier so gerne davon. Und ich denke, alle Donna Leon Bücher kann man gar nicht lesen 😉
LG
Astrid
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