Feminsimus – Rezension- Challenge
Mittwoch, 15. März 2017
Chimamanda Ngozi Adichie ist eine junge Bestsellerautorin und wurde vor allem mit dem Buch „Americanah“ weltbekannt. Sie lebt in Lagos und den USA und bringt in ihre Bücher auch beide Kulturen ein. So ist auch ihr Blick auf die Welt der Frauen vielschichtig, da die Frauenbilder in Nigeria und den USA doch sehr unterschiedlich sind. In diesem kleinen Büchlein ist ein Essay und vier Kurzgeschichten der Autorin enthalten.
Der Essay, oder das Manifest, wie sich die Autorin selbst ausdrückt, entspricht einer Rede, die sie 2012 bei der TED-Konferenz in Euston hielt.
Was ist TED?
Die Abkürzung steht für Technology, Entertainment, Design und ist eine als Innovationskonferenz 1984 ins Leben gerufene Bewegung. Techniker sollten mit Experten anderer Disziplinen zusammengebracht werden. Seit 2006 werden die sogenannten „TED-Talks“ im Netz zur Verfügung gestellt. Es handelt sich um die besten Reden. Und die Vorträge von Adichie gehören mit dazu. Inzwischen hat TED sich vervielfacht, es gibt Konferenzen in verschiedenen Teilen der Welt und mit unterschiedlichen Schwerpunkten.
Mehr Feminismus!
lautet der Titel der Rede, die damals mit stehenden Ovationen vom Publikum aufgenommen wurden. Dieses sehr persönliche Manifest packt verschiedenen Lebensbereiche an, in denen Männer und Frauen nicht gleichbehandelt werden. Alles belegt sie mit Erlebnissen aus ihrem eigenen Leben. Auch die eigenen Entwicklung bezüglich dieses Themas beschreibt sie. Ganz wichtig ist ihr auch der Aspekt, dass eine Feministin durchaus auch weiblich sein kann
Irgendwann war ich eine glückliche afrikanische Feministin, die Männer nicht hasst und Lippenstift und hohe Absätze zum eigenen Vergnügen und nicht zum Vergnügen der Männer trägt.
Gerechtigkeit
Durch die afrikanische Herkunft muss sie vielleicht noch stärkere Hürden überwinden, als wir Westeuropäerinnen. Wichtig wäre auch, dass sich Männer mal mit diesem Thema beschäftigen, denn oft ist alles so tief in uns allen verwurzelt, so dass uns die Ungleichheit manchmal gar nicht mehr bewusst ist. Es geht ihr um Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern:
Ich möchte, dass wir anfangen von einer anderen Welt zu träumen und Pläne zu schmieden. Für eine gerechtere Welt. Für eine Welt voll glücklicherer Männer und Frauen, die ihr wahres Selbst nicht verbergen müssen.
Erziehung
Der Weg in diese Welt geht ihrer Meinung nach durch die Erziehung. Von Mädchen und Jungen. Das ist der Moment, in dem ich über meine eigene Rolle als Frau, Mutter, Arbeitnehmerin nachdenke. Ich habe zwei Töchter, kann also nicht sagen, ob ich einen Jungen bewusst anders erziehen würde. Doch oft frage ich mich, ob ich meinen Töchtern ein so gutes Beispiel bin. Ist doch die Rollenverteilung in unserer Ehe doch recht traditionell. Allerdings habe ich nie meinen Job aufgegeben, doch ist das nicht eher auch eine Gefahr der Doppelbelastung? Was Entscheidungen und auch die Kindererziehung angeht glaube ich, dass wir (mein Mann und ich) gleichberechtigt miteinander umgehen. Aber Haushalt ist ganz mein Feld. Allerdings habe ich bisher, seit der Geburt der Kinder, in Teilzeit gearbeitet, hatte also auch mehr Zeit für diese ganzen Dinge wie kochen, waschen, putzen…
Ich bin gespannt, wie sich das bei uns verändern wird, wenn ich bald wieder Vollzeit arbeite und mein Mann schon auf die Zielgerade Richtung Rente kommt.
Geschlechterrollen
Doch zurück zur Rede von Adichie.
Das Problem mit den Geschlechterrollen ist, dass sie uns vorschreiben wie wir sein sollen, statt anzuerkennen, wie wir sind.
Für mich der Schlüsselsatz. Niemand sollte Dinge tun müssen, weil er/sie ein bestimmtes Geschlecht hat, sondern weil sie/er etwas gut kann. Manche Dinge sind von der Natur vorgegeben: Männer können kein Kind austragen, es aber sehr wohl wickeln und versorgen. Frauen haben weniger Muskelmasse und können deshalb vielleicht nicht so gut tragen wie ihr Partner. Doch alles andere sollte in einer Beziehung, in der Gesellschaft nach Fähigkeiten, Interessen und Neigungen verteilt werden.
Hier ist die Aufzeichnung der Originalrede:
Das Manifest ist inspirierend und legt in einige Wunden meines eigenen Lebens einen mahnenden Finger. Adichie möchte kein Matriarchat, sondern eine gleichberechtige Welt für Frauen und Männer.
Die Stories
Vier kurze Erzählungen wurden dieser Rede noch hinzugefügt um das Buch noch ein wenig zu füllen. Drei davon beschäftigen sich auch mit der Rolle von Frauen.
Doch am besten gefiel mir die Geschichte „Apollo“, die um das Verhältnis zwischen zwei Jungen geht. Einem reichen und einen armen Jungen, der in der Familie des Reichen als Hausboy arbeitet. Hier geht es nicht um Feminismus, aber sehr wohl um Gerechtigkeit, bzw. Ungerechtigkeit. Mit Apollo ist übrigens nicht der Gott oder die Raumsonde gemeint, sondern eine entzündliche Erkrankung der Augen. „Americanah“ hat mich schon sehr aufgewühlt, und auch bei diesen vier kurzen Geschichten zeigt sich, dass Adichie auch mit wenigen Worten Figuren und Szenen sehr deutlich zeichnen kann. Ich werde „Blauer Hibiskus“ auf meine must-read-Liste nehmen und auch nach einem neuen Buch von ihr Ausschau halten.
Warum ich dieses Buch gelesen habe
Darauf gekommen bin ich durch zwei Challenges, die sich mit Büchern von und über Frauen beschäftigen.
Da ist zum einen die Frauen-Lese-Challenge von Wortlichter . Es gibt vier Themen im Jahr, die bearbeitet werden sollen. Im ersten Quartal geht es um Feminismus. Anja schlug mehrere Bücher zum Thema vor, zwei davon habe ich gekauft, eines davon bereits gelesen. Das andere ist Ein eigenes Zimmer von Virginia Wolf.
Kerstin Scheuer macht zwar gerade eine Blog-Pause, startete aber trotzdem jetzt im März, die „Starke-Frauen-Lese-Challenge“. Organisiert ist diese Aktion über eine Facebookgruppe. Ein Thema pro Monat will bewältigt werden. Im März geht es um Unabhängigkeit. Da passt Chimananda Ngozi Adichie sehr gut hinzu.
Bei beiden Aktionen könnt ihr sicher noch einsteigen. Habt Ihr Lust?
BUCHDATEN
Mehr Feminismus! Ein Manifest und vier Stories Chimananda Ngozi Adichie übersetzt von Anette Grube Taschenbuch 112 Seiten Fischer Taschenbuch Verlag ISBN: 978-3-596-03676-9 |
Mir hat die Kurzgeschichte Apollo auch am Besten gefallen. Wenn ich ehrlich bin, war das sogar das Highlight für mich. Da ihre Rede in der Papierform irgendwie nicht so strahlte, wie live vorgetragen.
Dafür hat sie aber einen wundervoll emotionalen und kritischen Schreibstil. Ich bin nun echt gespannt auf ihre Romane und kann es kaum erwarten sie zu lesen.
Lg, Anja
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