Gabrielle Zevin: Morgen, morgen und wieder morgen
Sonntag, 26. Februar 2023

Roman über Freundschaft und die Geschichte von Videospielen
Sam und Sadie leben für Videospiele. Auch Marx ist davon ganz angetan. So beginnen sie gemeinsam Spiele zu entwickeln. Das Buch ist aber nicht nur was für Gamer. Es zeigt zwar sehr gut wieviel Kreativität zum Spieldesign gehört, doch es ist nicht technisch orientiert. Viel mehr geht es um das komplizierte Verhältnis dreier Menschen zueinander und die Entwicklung die sie gemeinsam erfahren.
Inhalt
Sam, Sadie und Marx sind dicke Freunde und eng verbunden. Sadie und Sam beginnen gemeinsam ein Spiel zu entwickeln. Das ist so erfolgreich, dass sie zu dritt eine Firma gründen.
Immer wieder gibt es Hochs und Tiefs in ihrer Freundschaft, auch Verletzungen und Pausen.
Alle drei sind auf ihre Art versehrt, seelisch, wie auch zum Teil körperlich.
Doch wenn es eng wird, stehen sie immer füreinander ein. Bis ein schrecklicher Schlag alles zu zerstören droht.
Freundschaft und Liebe
Insbesondere für Sam, der viele Probleme im Zwischenmenschlichen Bereich hat, bedeutet die Freundschaft zu Sadie und Mary alles. Ohne diese beiden ist er kein vollständiger Mensch. Auch wenn es immer wieder Brüche, insbesondere in der Beziehung zu Sadie gibt. Es sind die Menschen ohne die er nicht leben kann. Es sind aber auch die Menschen, die ihn am meisten verletzen. Allein dadurch, dass er sich ihnen so nahe fühlt.
Freundschaft ist für mich das zentrale Thema des Buches. Hier geht es um sehr intensive Freundschaft, in der die Grenzen zu Liebe sehr fließend ist. Liebe ist hier auch kein Synonym für eine erotische Liebe oder eine Zweierbeziehung. Sondern eher für Freundschaft, die von so starken Gefühlen begleitet wird. Allerdings entwickeln sich im Laufe des Buches auch Zweierbeziehungen.
„Und was ist Liebe“, sagte Alabaster, „wenn nicht der irrationale Wunsch, aus dem evolutionären Wettbewerb auszusteigen und einem anderen Menschen das Leben zu erleichtern?“
Kultur
Video- und Computerspiele gehören zu unserer Kultur. Das darf man nicht vergessen und auch nicht die Nase darüber rümpfen. So wie manche keine Klassikkonzerte besuchen, spielen manche halt keine PC-Spiele.
Die kulturellen Aspekte werden in dem buch einerseits durch die Entwicklung der Spiele von Donkey-Kong zu hochkomplexen Web-basierten Spielen mit aufwändiger Grafik und inzwischen durchgeführten Weltmeisterschaften bedacht. Andererseits aber auch durch Anlehnung der Spiele im Buch an klassische Literatur und Malerei. Denn das Design eines Spiels ist Kunst. Ich rede hier nicht von kostenlosen 3-gewinnt-Spielen auf dem Handy. Sondern von Spielen in denen ganze Welten neu erschaffen werden. In diesem Roman wird zum Beispiel lange darüber diskutiert, wie man Wellen möglichst gut darstellt.
Das Eingehen von Literatur in die Spieleindustrie wird auch durch den sperrigen Titel angedeutet. Denn „Morgen, morgen und wieder morgen“ stammt aus einem Monolog von Shakespeare, den Macbeth hält, als er vom Tod seiner Frau erfährt.

Leben
Im Roman geht es um Leben, Tod, verpasste Chancen und Gelegenheiten.
Mehrmals wird von den Protagonisten bedauert, dass man im richtigen Leben das Level nicht einfach nochmal neu spielen kann, wenn man gescheitert ist. Scheitern bedeutet in vielen Spielen den Tod des eigenen Avatars. Ich kann dort beliebig oft neu anfangen und Fehler korrigieren. Das geht in meinem wirklichen Leben nicht.
Vielleicht ist das ein Teil der Faszination die von solchen Spielen ausgeht: die Möglichkeit das Leben neu zu leben und auch für kurze Zeit ein ganz anderes Leben, einen anderen Charakter zu zeigen..
Vergleich
Beim Lesen hatte ich die ganze Zeit das Gefühl, das mich das Buch an ein anderes erinnert. Lange bin ich nicht draufgekommen.
Doch irgendwann viel der Groschen. Es war „Ein wenig Leben“ von Hanya Yanagihara.
Die Themen Freundschaft, Nähe und körperliche Versehrtheit spielen auch hier eine große Rolle. Auch empfinde ich beide Romane als sehr amerikanisch, ohne dass ich genau beschreiben könnte, was ich damit meine. Beide Bücher decken auch einen längeren Zeitraum und eine ständige Entwicklung der Beziehungen untereinander ab.
Das in beiden Büchern einer der Hauptprotagonisten stirbt, ist eine weitere Gemeinsamkeit.
Doch es ist vielmehr die Stimmung, die Melancholie, die die ganze mitschwingt, die mich diese beiden Romane vergleichen lässt.
Freundschaft durchs Zocken?
Sam, Sadie und Marx verbindet eine Freundschaft, die durch die gemeinsame Leidenschaft für Computerspiele entstanden ist. Das ist gar nicht abwegig. Meine Töchter haben einen großen Freundeskreis unter Gamern. Sie spielen nicht nur gemeinsam in Gruppenspielen, sondern begleiten sich dabei auch durch Chats, schriftlich, mit Video und Stimme. Wenn man mal einige Nächte miteinander gezockt, fühlt man sich anscheinend verbunden. Sie haben auch einige bereits persönlich getroffen. Es haben sich bei Ihnen auch schon Beziehungen dadurch entwickelt. Das nur mal als Erklärung für nicht-Gamer…
Fazit
Der Roman Morgen, morgen und wieder morgen von Gabrielle Zevin ist ein einfühlsames Buch über Freundschaft und die Entwicklung von Videospielen. Sehr amerikanisch und kurzweilig.
