Nachlese: Debütromane
Mittwoch, 24. Januar 2018
Kurzrezensionen von Debütromanen
Die Adventszeit habe ich mit der Shortlist für den Literaturpreis von Das Debüt verbracht. Doch auch von der Longlist habe ich noch einige Debütromane gelesen:
Die Kunst einen Dinosaurier zu falten von Kristina Pfister
Sieben Nächte von Simon Strauss
Kukolka von Lana Lux
Betrunkene Bäume von Ada Dorian
Blaupause von Theresia Enzensberger
Kristina Pfister: Die Kunst einen Dinosaurier zu falten
Eine junge Frau findet keinen Job nach ihrem Studium. Die Kunsthistorikerin erhält immer nur befristete Praktika-Plätze. Davon zermürbt fällt sie in eine tiefe Depression. Deshalb zieht sie zurück zu ihrer Mutter, die aktiv an ihrer eigenen Selbstverwirklichung arbeitet und auch versucht ihre Tochter aus diesem Loch zu ziehen. Nur zwei Menschen können sie für kurze Zeiträume aus dem Sumpf ziehen: ihr Bruder, der in Australien lebt und eine neue Freundin: Marie-Louise. Ein Roman, der für mich als Teenagermutter aufzeigt, dass viele junge Menschen aus der Generation der jetzt 20-30jährigen Probleme haben. Sie bekommen oft alle Möglichkeiten, haben aber nicht den Mut sich für eine zu entscheiden. Dann fehlt die Kraft einen Weg weiterzugehen, wenn er steinig wird, oder sich einen Trampelpfad zur nächsten Möglichkeit selbst zu suchen. Ein Phänomen, dass ich bei vielen Kinder von Freunden und Bekannten beobachte. So hat dieses Buch eine Saite in mir gezupft.
Simon Strauss: Sieben Nächte
Ein junger Mann wird bald 30 und bekommt die totale Panik, denn da ist das Leben quasi vorbei. Dann muss er sich für das triste Leben Job-Haus-Frau-Kind-Hund entscheiden. Er geht einen Pakt mit einem Bekannten ein (keinen faustischen, hätte mir aber vielleicht besser gefallen) und schreibt in sieben Nächten auf, was er am Tag zuvor erlebt hat. Maßgabe ist es sich jeden Tag eine der sieben Todsünde vorzunehmen, dieser zu frönen und das Erlebte in Worte zu fassen. Die Bezüge dieser alten Regeln auf die heutige Zeit fand ich sehr interessant. Sieben Nächste ist für mich so auch kein wirklicher Roman, eher eine Sammlung von Essays, die unsere jetzige Gesellschaft mit ihren vermeintlichen Zielen zu beschrieben. Diese Beschreibung ist auch sehr gut gelungen. Doch ansonsten fühle ich mich durch das Buch regelrecht angegriffen. Ich bin jetzt 50 und muss keine Weltrevolution planen um mit meinem bescheidenen Leben zufrieden zu sein. Auch wenn es für andere anscheinend ein Grund wäre sich umzubringen.
Lana Lux: Kukolka
Ein Buch, dass mir erklärt hat, wie junge Frauen aus Liebe Prostituierte werden. Das konnte ich vorher nie nachvollziehen. Ergreifende Geschichte über ein Waisenmädchen, das einen bestimmten Traum verfolgt, dabei ungeheuer Schreckliches erlebt und dabei leider eine realistische Schablone für tausende von Mädchen aufzeigt, die solches wirklich erleben müssen. Der fast nüchterne Sprachstil erlaubte es mir ohne Tränen zu lesen. Ein inhaltliches wichtiges, unbedingt empfehlenswertes Buch.
Ada Dorian: Betrunkene Bäume
Sehr schöner Stil, sehr berührender Inhalt. Nicht kitschig. Drama um zwei Familien. Eine Verbindung entsteht über das jüngste Mitglied der einen zum ältesten der anderen Familie. Katharina ist kurz vor dem Abi von Zuhause abgehauen. Ihr Nachbar Erich benötigt Hilfe. Erich war früher in Russland, Katharinas Vater ist jetzt dort. Die verschiedenen Perspektiven, auch von anderen Familienmitgliedern sind gut herausgearbeitet. Doch mich persönlich hat das Buch sehr traurig gemacht. Alles scheint so hoffnungslos. Kommunikation innerhalb dieser Familien funktioniert nicht. Falsche Entscheidungen. Einsamkeit. Verpasste Gelegenheiten. Freiheit.
Immer wieder schöne Sätze, Bilder, Beschreibungen. Ein sehr reifes Debüt mit langem Nachhall.
Von Dorian ist inzwischen schon das zweite Buch erschienen: Schlick.
Theresia Enzensberger: Blaupause
Luise möchte Architektur studieren. Doch das ist 1921 nicht so einfach. Sie bekommt einen der begehrten Plätze am Weimarer Bauhaus. Der zweite Teil des Buches spielt 1926 in Dessau, der Ort, in dem Walter Gropius endlich seinen Traum von einer Hochschule nach seinen Plänen verwirklichen konnte. Architektur, Kunst, die 1920iger Jahre, viele berühmte Namen von Männern, die am Bauhaus lehrten, Sekten, freie Liebe und eine Frau, die versucht den Zwängen von Heim und Herd zu entkommen. Nach einem realen Vorbild: Louise Schilling.
Das Thema hat mich sehr interessiert, die Kunst und Architektur der Zeit war zukunftsweisend. Doch konnte das Buch mich vor allem im ersten Teil nicht mitreißen, ich konnte mich mit Louise nicht identifizieren. Den zweiten Teil empfand ich als viel flüssiger, interessanter, persönlicher. Dies war der erste Roman Enzenbergers, doch hat sie als Journalistin schon viele Texte veröffentlicht, außerdem gründete sie selbst das Block-Magazin.
Es macht echt Spaß sich mit den Debütromanen zu beschäftigen!
Du willst noch mehr davon? Dann schau mal auf meinen Post mit der Auswertung zum Debüt-Blogger-Literaturpeis.
Mir hat „Betrunkene Bäume“ ebenfalls sehr gut gefallen. Ich fand vor allem die Grundidee der Geschichte ganz wunderbar. Viele Grüße
Hallo Constanze,
Du hast recht, es war ein besonderes Buch.
Ein Grund mehr den Nachfolger auch zu lesen.
Herzliche Grüße
Silvia
Hallo Silvia,
da sind wir ja, was die Sieben Nächte angeht, auf einer Wellenlänge.
Die anderen Bücher hatte ich beim Anlesen alle beiseite gelegt, da sie mir nicht interessant vorkamen, aber Kukolka und Betrunkene Bäume merke ich mir doch mal vor, da sie interessanter klingen, als es die Leseprobe vorgaben.
Liebe Grüße
Marc
Hallo Marc,
Betrunkene Bäume lohnt sich sicher auch literarisch, Kukolka wgen der erzählten Geschichte.
Alles Gute
Silvia