Simone Scharbert: Für Anna

Wegen einer Fuß OP war ich im Februar und März ziemlich viel auf dem Sofa und hatte viel Zeit für Social Media. Als der Verlag Voland & Quist Werbung für die Buchmesse machte, sprang mir dieses Buch sofort ins Auge. Leider konnte ich nicht zur Buchmesse und war sehr traurig, dass ich die Autorin vor Ort und ihre Präsentation dort nicht miterleben konnte . Aber ein wenig Glück hatte ich dann doch. Ich bekam Besuch aus Berlin, die mir auch dieses Buch sofort mitbrachte.

Das Cover ist einfach so wunderwunderschön. Obwohl ich als Fotografin schon von vielen Fotografen gehört hatte, war mir der Name Anna Atkins kein Begriff.

Ich fing an, das Buch zu lesen. Die Sprache ist einfach magisch, ich lese sowas unheimlich gerne. Es ist nicht immer einfach, aber so wunderbar poetisch.

Eine beeindruckende Frau

Beschrieben wird das Leben einer besonderen Frau. Anna verliert bereits kurz nach ihrer Geburt ihre Mutter, ihr Vater, ein Universalgelehrter kümmert sich rührend um sie und vermittelt ihr unheimlich viel Wissen, dass sie auch aufnehmen kann. Sie wächst in der Welt der Wissenschaft auf, in dieser von Männern dominierten Welt fühlt sie sich zu Hause und auch anerkannt. Sie zeichnet ihr Leben lang und interessiert sich immer wieder für das Thema Licht. Heute gilt sie als eine der ersten Fotografinnen. Mich wundert die Definition etwas, zumal sie nie eine wirkliche Kamera in der Hand hatte. Es ging um eine andere Technik, die Cyanotypie genannt wird.

Dabei bepinselt man ein Blatt Papier mit einer bestimmten Lösung und trocknet es im Dunkeln. Dann legt man einen flachen Gegenstand, den man kopieren möchte, auf das Blatt und setzt das Ganze einige Minuten der Sonne aus. Danach wird das Blatt unter einen Wasserstrahl gehalten. Diese Bilder werden ein Gemisch aus blau.

Zitat aus Meisterin des Lichts

Das Festhalten von Erinnerungen

Ein großes Thema in diesem Buch ist auch das Thema der Erinnerung. Das ist ja auch ein wenig mein Thema. Als Sternenkindfotografin fotografiere ich Kinder, die kurz vor der Geburt, während der Geburt oder kurz danach versterben. Viele Menschen verstehen das nicht, dass das heutzutage fast üblich ist. Sie verstehen nicht, warum man tote Kinder fotografieren muss. Es geht darum, dass die Erinnerung verblasst. Und damit hat auch Anna zu kämpfen. Anna möchte mehr von ihrer Mutter wissen. Anna möchte wissen, wie sie aussah. Anna möchte wissen, wie sie war. Es gibt nur ein einziges gemaltes Bild, und Anna fragt sich, ob dieses Bild mit ihrer Mutter über ein stimmt. Immer wieder fragt sie ihren Vater. Immer wieder sucht er nach Worten. Er tut sich schwer damit, seine Frau zu beschreiben. Seine Frau verblasst immer mehr, die Erinnerungen nehmen ab, und Anna findet keine Antworten auf Ihre Fragen.

Das Licht – immer wieder das Licht

Für Fotografen ist das Licht das wichtigste überhaupt, ohne Licht entsteht keine Fotografie.

Und Licht ist in diesem Buch das zentrale Thema.

Ich habe so viele Zitate gekennzeichnet, die Sprache des Buches fasziniert mich total und ich genieße das Leseerlebnis. Ich habe in den acht Wochen meiner Sofa Zeit viele Bücher gelesen, aber dieses Buch starch mit Abstand hervor.

Im Regal habe ich ein weiteres Buch stehen über Fotografinnen. Es heißt Meisterin des Lichts von Boris Friedewald. Dieses Buch steht so im Regal, dass ich das Cover immer sehen kann, weil es einfach so toll ist. Aus dem Grund habe ich es damals auch gekauft. Gelesen habe ich daraus nicht viel.

Aber da es in letzter Zeit immer mehr Bücher von berühmten Fotografen gibt, blättere ich immer häufiger darin. So habe ich auch dieses Mal geschaut, ob es eine Anna Atkins in diesem Buch gibt und ich bin fündig geworden und habe weitere schöne Aufnahmen gesehen. Erst jetzt verstehe ich tatsächlich , was Anna in ihrer Zeit geleistet hat.

Und nun bekommt ihr noch ein paar Zitate, damit ihr den Stil des Buches ein wenig einschätzen könnt.

Das Wichtigste ist das Licht, Anne. Je kräftiger das Licht, desto besser die Bilder. Sonnig muss es sein, der Himmel nur blau.

Licht wird Anna zur steten Begleitung. Sie kommt nicht los davon. Schon morgens beobachtet sie das Licht. Prüft, ob es hart oder weich fällt, ob es leicht durchs Fenster kommt, ob und wenn ja, wie kräftig es ist, ob es bis zu ihrem Bett reichen oder schon in der Mitte des Raumes innehalten, dem Tag eine Gleichmäßigkeit verleihen …

Viel Spaß beim Lesen