Unbedingt von Jürgen Volk, Rezension
Mittwoch, 20. September 2017
van Gogh, Gauguin und ein Ohr
Vincent van Gogh sagt wahrscheinlich jedem etwas. Auch Kunstbanausen wie mir. Der irre Typ mit den Sonnenblumen, der sich ein Ohr abgeschnitten hat. Doch stimmt das? Hat er sich wirklich selbst verstümmelt? Es gibt Kunsthistoriker, wie zum Beispiel Rita Wildegans, die mit einem anderen Ansatz für die Vorkommnisse in Arles um die Ecke kommen. Hier setzt auch Jürgen Volk an.
Ich kenne Jürgen als Verleger. Doch er ist auch Kunsthistoriker. Dieses Buch erschien schon vor ein paar Jahr in einem Verlag, der inzwischen nicht mehr existiert. Der Siegburger Bernstein Verlag hat ihn zum Glück neu aufgelegt. In einem weiteren Beitrag wird es ein Interview mit dem Autor zu seinem Buch geben.
Künstler-WG
Das abgeschnittene Ohr ist nur das Ende der Geschichte. Hauptaugenmerk liegt auf der gemeinsamen Zeit von van Gogh und Gauguin in Arles. Van Gogh träumte von einer Künstlerkolonie. Einer Akademie, in der alle miteinander und voneinander lernen können. Er verehrte Gauguin und setzte mit Hilfe seines Bruders Theo alles daran den Künstler nach Arles zu locken.
So ist das Zusammenleben der beiden unterschiedlichen Männer ein Hauptthema dieses Romans. Es könnte die auch die Beschreibung des Lebens einer modernen Studenten-WG sein. Nie ist genug Geld im Haus, die Arbeit muss aufgeteilt werden, die Ansprüche sind sehr unterschiedlich. Es wird gemalt, gestritten, getrunken (natürlich gerne Absinth) und gemeinsame Bordellbesuche unternommen.
Kunst und Austausch
Der andere Aspekt ist das gemeinsame Malen. Die vollkommen unterschiedlichen Herangehensweisen, die Diskussionen, der häufige Streit, die Abhängigkeiten untereinander und auch zu weiteren Malern und auch anderen Kunstrichtungen, wie auch der Literatur. Beide Künstler sind sehr leidenschaftlich:
Ich wollte die schrecklichsten menschlichen Leidenschaften ausdrücken, die Leidenschaften die Zola ebenfalls beschäftigen. Es ging mir darum, eine Situation zu schildern, in der ein Mann wahnsinnig werden kann, sich ruinieren und ein Verbrechen begehen.
Das macht für mich auch immer die Faszination von Büchern aus, die sich mit Menschen beschäftigen, die wirklich gelebt haben. Hier liegt der Fokus auf den Bildern und der Art wie die beiden malen. Dieses ist durch den Autor so anschaulich erklärt, dass auch ein Laie es gut verstehen kann. Auch die zeitgenössische Literatur und die Wechselwirkung zur bildenden Kunst wird sehr deutlich. Ob es nun um Pierre Loti oder den sehnsüchtig erwarteten neuen Roman von Emile Zola geht. Alles beeinflusst die beiden Männer. So wird Literatur und Malerei eng verwoben.
Fazit
Anschaulicher Künstlerroman, der mir zwei bedeutende Maler und ihre Zeit näherbringt und sehr viel Lust darauf Museumsbesuche macht. Durch ausgiebige Recherche und ein unterhaltsame Umsetzung kommt Jürgen Volk den Geschehnissen Ende 1888 näher. Was wirklich passierte werden wir wohl nie erfahren. Doch wie einige berühmte impressionistische Meisterwerke entstanden und mit welcher Leidenschaft Gauguin und van Gogh sich ihre Kunst erarbeitet haben kann ich jetzt sehr gut nachvollziehen. Auf der Webseite zum Roman Unbedingt ist mehr über die Hintergründe zu erfahren.
Buchinfo
UnbedingtJürgen Volk
370 Seiten ISBN 978-3-945426-23-4 |
Eine weitere Rezension findet ihr bei Bücher, Kater, Tee.