Bücher über Fotografinnen
Sonntag, 6. September 2020

Kommt es mir nur so vor oder hört ihr auch ständig davon? Von Koffern voller Fotos, die irgendwo auftauchen. Gerade war ich im Altonaer Museum in einer Fotoausstellung. Ein Hamburger hat in den 1930er Jahren viele Arbeiter im Hafen, in der Börse, beim Fischhandel fotografiert. Bei jedem Umzug kam der Koffer mit den Fotos mit bis er vor kurzem von seinen Erben entdeckt wurde. Schöne Ausstellung!
Aufgefallen sind mir in den letzten Monaten folgende Bücher über Fotografinnen. Warum eigentlich keins über Fotografen?
Christina Hesselholdt: Vivian
Ein Roman über die Straßenfotografin Vivian Maier.

Kennt die jemand? Ich hatte noch nie von ihr gehört.
Vivian (1926 – 2009) ist eine unscheinbare Frau, die die Fotografie liebt. Ständig fotografiert sie, entwickelt werden ihre Filme aber selten. Sie ist viel zu schüchtern, um nach Ruhm zu streben. Erst nach ihrem Tod werden ihre vielen Aufnahmen gefunden (in einem Koffer) und anerkannt. Und nun dieses Buch.
Die Autorin Christina Hesselholdt versucht, die Fotografin näher zu beschreiben. Es kommen ehemalige Arbeitgeber von Vivian zu Wort und auch ein Kind, dass sie betreut hat. Vivian kam aus einer armen Immigrantenfamilie, für eine teure Ausbildung war kein Geld da. Also arbeitete sie ihr ganzes Leben als Kindermädchen. Den Job nahm sie anscheinend nicht sehr ernst, denn auch während ihrer Arbeitszeit fotografierte sie. Manchmal versuchte sie, Bilder der betreuten Kinder an die Eltern zu verkaufen.
Das Buch hat Interviewcharakter. Ständig wechseln die Erzähler, so dass kein richtiger Lesefluss aufkommen will bei mir. Vivian ist schüchtern und erzählt nie von sich selbst. Ihre Arbeitgeber, bei denen sie teilweise jahrelang wohnt, wissen nichts von ihr. Da frage ich mich ehrlich gesagt mehr als einmal, wie man auf die Idee kommt, über diese Fotografin ein Buch zu schreiben. Sie selbst hätte sich sicher nicht dafür begeistern können. Wenn sie selbst nichts über ihre Familie erzählt, will sie es sicher auch in keinem Buch lesen. Ich bin hin und her gerissen. Ich lese gerne über Fotografie und in diesem Roman gibt es zwar keine Fotos zu sehen, aber ein paar Fotohighlights werden beschrieben. Das gefällt mir. Auch das Cover ist der Knaller. Genau mein Geschmack. Aber ganz ehrlich, die Familiengeschichte dieser eher unsympathischen Frau ist mir ziemlich egal!
Helena Janeczek: Das Mädchen mit der Leica

Und auch für dieses Buch ist ein Koffer verantwortlich. Gefunden 2007 in New York. Die Fotografin Gerda Taro war in den 1940er Jahren bekannt. Zusammen mit ihrem Lebensgefährten Robert Capa (dieser Name sagt uns eher was) hat sie im Spanischen Bürgerkrieg fotografiert. Und dort ist sie auch tödlich verunglückt. Beerdigt ist sie in Paris.
Helena Janecek will uns in ihrem Buch diese engagierte und mutige Frau vorstellen. Auch sie lässt ehemalige Freunde und Bekannte der Fotografin zu Wort kommen, allerdings nicht in Interviewform, sondern in ausführlichen, sehr ausschweifenden Texten.
Ich bin in keinen Lesefluss gekommen, habe zwar die Hälfte des Buches geschafft, aber mich dann gefragt, was ich bisher von dieser tollen Frau erfahren habe. Und ich hatte tatsächlich so gut wie keine Erinnerung an das bisher Gelesene. Also Abbruch! Echt schade, denn ich habe eine kurze Zusammenfassung von Taros Lebensgeschichte als Film gesehen und das war echt spannend.
Sofia Lundberg: Ein halbes Herz

So ganz passt dieser Roman nicht zu den oberen beiden. Dieser ist nämlich ein echter Roman, ohne Bezug zu einer realen Person. Aber ich möchte ihn euch trotzdem vorstellen. Auch hier geht es um eine Fotografin. Eine erfolgreiche in New York. Elin lebt mit Mann und Tochter zusammen und arbeitet rund um die Uhr. Ihr Arbeitspensum belastet die Familie und es sieht nicht gut aus für ihre Ehe.
Außerdem gibt es ein Geheimnis. Elin ist in Schweden aufgewachsen und davon ahnt ihre Familie nicht das geringste.
Alles gute Zutaten für einen gelungenen Roman. Ich genieße dieses Buch, bin in einem guten Lesefluss und freue mich immer, wenn ich Zeit habe zum Weiterlesen. Das war bei den oberen Büchern definitiv nicht der Fall. Erinnert ihr euch an „Das rote Adressbuch“? Wenn euch das gefallen hat, mögt ihr „Ein halbes Herz“ auch.
Mal was anderes?
Vielleicht brauche ich lesetechnisch gerade ein etwas anderes Genre als ich normalerweise lese? Einfach mal wieder eine gute Familiengeschichte, die in England in einem verwunschenen Cottage spielt und mit einem Geheimnis aufwarten kann? Ich glaube, das versuche ich mal. Aber sicher werde ich weiterhin Bücher über Fotografinnen und auch Fotografen lesen. Könnt ihr mir vielleicht welche empfehlen?
Und: Kennt ihr eins von diesen Büchern?

Hallo Astrid,
Mit Interesse habe ich Deine Zusammenstellung gelesen. „ Das Mädchen mit der Leica“ hatte mich angesprochen, nun rutscht es weiter nach hinten.
Mir fiel noch ein Roman ein, der in diese Auflistung passt : „ Die Fotografin“ von William Boyd. Ich habe zwar das Buch noch nicht gelesen, aber nur Positives dazu gehört. Vielleicht kennst Du den Roman.
Liebe Grüße
Ruth
Liebe Ruth,
den Roman von William Boyd habe ich auch gelesen und hier rezensiert. Ein wirklich interessantes Buch, da es die Biografie einer nicht existierenden Fotografin ist. Aber so echt durch abgedruckte Fotos. Dass der Autor diese Bilder alle vom Flohmarkt hatte, musste der Leser erstmal wissen. Dieses Buch kann ich dir wirklich sehr ans Herz legen.
Liebe Grüße
Astrid
Hallo Astrid,
mir ist keines der aufgeführten Bücher bekannt. Auch Ähnliches habe ich bisher noch nicht gelesen. Im Kunstunterricht in der Schule hatten wir zwar auch mal das Thema Fotografie, über die damaligen Lehrbücher sind wir jedoch auch nicht hinausgegangen. Das finde ich im Nachhinein schon etwas schade.
Liebe Grüße
Lisa Marie von https://sonneimherzen.net/
Ich bin gerade über den Blog gestolpert da ich einen Kommentar von dir auf meinem Blog von 2016 angeklickt habe. Verrückt. Ich ich schreib mittlerweile viel über Bücher. „Ein halbes Herz“ rutsch mal auf meine Leseliste. Ich habe vor einiger Zeit mal „The Photographers Wife“ von Nick Alexander gelesen und fand es ganz schön. auf alle Fälle gut zum Weglesen.
Das kenne ich noch nicht. Aber momentan lese ich auch viel zu selten englische Bücher und habe da gar keinen Überblick. Danke für den Tipp.