Die Interessanten
Sonntag, 28. Juni 2015
Die Interessanten
ein Roman von Meg Wolitzer
in der Übersetzung von Werner Löcher-Lawrence
Julie Jacobson fährt als Teenager in ein Sommercamp an der US-Amerikanischen Ostküste. Das Camp fördert die Teilnehmer in einer künstlerischen, kreativen Richtung.
Julie knüpft dort Freundschaften, die das ganz Leben über halten werden. 6 Jugendliche, die eine Clique bilden und sich selbst „Die Interessanten“ nennen.
Da ist Ash, eine Schönheit aus sehr reichem Haus und ihr überaus gut aussehender Bruder Goodman. Ethan, ein begnadeter Trickfilmzeichner. Außerdem die engagierte Tänzerin Cathy und dann noch Jonah, ein talentierter Musiker.
Jules wird aufgrund ihres Humors und ihrer Schlagfertigkeit geschätzt, bekommt den Namen Jules verpasst und kann es kaum fassen in diesem Kreis junger New Yorker aufgenommen worden zu sein.
Alle diese Menschen haben unterschiedliche Interessen, Talente, finanzielle und familiäre Hintergründe.
Dieses Buch zeigt die weitere Entwicklung dieser vielversprechenden Menschen. Es bilden sich Paare, andere Beziehungen werden geschlossen, Schulen, Colleges und Kurse werden besucht. Das Erwachsenenleben beginnt, Familien und Existenzen werden gegründet.
Es geht immer wieder um Kunst, Kultur, Film und Theater. Auch Literatur ist immer wieder ein Thema, so wird in diesen Kreisen besonders gerne Grass gelesen:
„Während der ersten Stunde sprachen sie über Bücher, vor allem von unzugänglichen europäischen Schriftstellern.
>>Günter Grass ist letztlich Gott<<,
sagte Goodman…“
Ein Ereignis bei einer Neujahrsfeier droht alles zerbrechen zu lassen. Plötzlich ist es wichtig Solidarität zu zeigen. Nur welche Seite ist die richtige?
Die verschiedenen Lebenswege werden unterschiedlich intensiv beleuchtet. Am meisten hat mich das Schicksal von Jonah berührt, dessen Mutter eine sehr berühmte Folksängerin war und als Kind auf ganz ungewöhnliche Art benutzt wurde.
In Gesprächen wird das Leben, die Umstände, oft reflektiert:
„Ich will nicht darüber nachdenken, was ich will und was ich verpasst habe. Ich will über andere Dinge nachdenken… Ich will eine unbegrenzte Welt.
Dieses Buch ist lehrreich, tragisch, komisch und zeigt wie unterschiedlich die Lebenswege von Menschen mit ähnlichen Möglichkeiten sein können. Circa 30 Jahre Leben in den USA werden gespiegelt, und ist dadurch auch ein Dokument des laufenden Wandels. Viele Bücher, Theaterstücke und Filme werden benannt, so dass ich mich (obwohl ein paar Jahre jünger als die Protagonisten) auch selbst in diese Zeit versetzen konnte. Ich habe versucht mich zu erinnern, unter welchen Umständen ich diese Filme gesehen oder jene Bücher gelesen habe.
Ein Roman über Wünsche und Träume die sich erfüllen oder auch unerreichbar bleiben: „Diese großen Träume zu haben, die nie in Erfüllung gehen. Sich, ohne es zu merken, mir der Zeit immer kleiner zu machen.“
Vor allem Jules hadert immer wieder damit, dass sie finanziell wesentlich schlechter aufgestellt ist als z.B. Ash und Ethan. Und damit hat ihr Partner wiederum ein Problem. Dennis will einfach nur sein Leben leben. Und das am besten mit Jules zusammen. Doch Jules steht oft zwischen Eifersucht und Neid:
Eifersucht bedeutet im Grunde: >>Ich will haben, was du hast<<, während Neid besagte: << Ich will haben, was du hast, aber ich will es dir wegnehmen, sodass du es nicht mehr haben kannst<<.
Erst als Jules aus diesem Teufelskreis herausfindet, kann sie ihr Leben akzeptieren.
Man konnte von seiner Besessenheit ablassen, interessant sein zu wollen.
Das Leben passiert und geht weiter. Es gibt Glück und Unglück. Liebe und Hass. Aids und 9/11. Kinder und die Moon-Sekte.
Das Buch ist so unglaublich dicht und vielfältig.
Liebeserklärung an New York
Und ein Buch über New York. Eine Liebeserklärung an diese Stadt. Wenn auch eine kritische:
New York war Mitte der achtziger Jahre eine unmögliche, unbewohnbare, unverlassbare Stadt.
Fazit
Ein Roman über Freundschaft, Liebe und Entwicklung. Er zeigt, dass man nicht mehr in die Vergangenheit zurückkehren kann und jeder für sein eigenes Leben selbst verantwortlich ist. Außerdem ist Geld nicht alles und wahre Freundschaft steht über allen Widrigkeiten des Lebens.
♌
P.S.: eine Lesempfehlung an alle Distelfink-Liebhaber
Meg Wolitzer: Die Interessanten, Dumont Verlag, Übersetzer: Werner Löcher-Lawrence, ISBN 978-3-8321-9745-2, 608 Seiten, ab Oktober 2015 auch als Taschenbuch erhältlich
Dem stimme ich voll und ganz zu!
Danke!
Einfach ein interessantes Buch, nicht wahr?
ja! 🙂
„Dicht und vielfältig“. So habe ich das auch empfunden. Keine von den 600 Seiten war überflüssig!
Wir sollten öfters mal das gleiche Buch lesen!