Selja Ahava: Dinge, die vom Himmel fallen – Rezension
Mittwoch, 26. Juli 2017
Dinge, die vom Himmel fallen
Saara kommt sich vor wie im Paradies: sie hat liebevolle Eltern und lebt mit ihnen in einem schönen Haus. Saara lebt das sorgenlose Leben einer glücklichen Siebenjährigen.
Plötzlich stürzt der Himmel auf das Paradies nieder. Die Mutter wird von einem Brocken, der vom Himmel aus einem Flugzeug fiel, erschlagen.
Der Vater Pekka ist so sehr in seinem eigenen Schmerz gefangen, dass er seine Tochter nicht trösten oder ihr auch nur etwas erklären kann.
Gemeinsam ziehen sie aus dem Traumhaus zu Tante Annu, Pekkas älterer Schwester. Annu trägt allerdings ihre eigenen Sorgen und Probleme mit sich herum. Sie hat im Lotto gewonnen und weiß nicht wirklich etwas mit diesem vermeintlichen Glück anzufangen.
Welt der Erwachsenen
Saara hört von allen Erwachsenen immer wieder, dass die Zeit alle Wunden heilen würde. Doch das will sie überhaupt nicht. Sie will ihre Mutter nicht vergessen. So beschwört sie ihre Erinnerungen an ihre Mutter immer wieder herauf und beschreibt, wie sich diese in bestimmten Situationen verhalten hat.
Dies umfasst den ersten Teil des Buches, der aus Saaras Perspektive geschrieben wurde. Sie erscheint mir manchmal altklug. So sagt sie selbst, dass die Erwachsenen keine Ahnung haben, was in einem Kind wirklich vorgeht (was ich als Mutter zweier Töchter nur bestätigen kann). Besonders diesen Teil aus kindlicher Sicht empfinde ich als besonders gut gelungen. Die Autorin schafft es, sich ganz in die Welt des verloren gegangenen Mädchens hinein zu versetzen.
Der Roman spielt auf verschiedene Arten immer wieder mit dem Thema Schicksal, Glück und Unglück. Es geht um plötzliche Ereignisse, die auf einen Schlag das ganze Leben umkrempeln. Auch eigentlich positive Geschehnisse, wie ein Lottogewinn, können sich negativ auswirken.
Der zweite Teil des Buches besteht aus einem Briefwechsel zwischen Annu und einem Mann, der mehrmals einen Blitzschlag überlebte. Die Reaktion seiner Umwelt darauf kam für mich völlig unerwartet.
Märchen als Thema
Ein Bild, das immer wieder auftaucht sind Märchen. Saara bekam von ihrer Mutter früher welche erzählt, die sie aber immer auf witzige Weise veränderte. Ich habe bekannte Märchenprotagnisten wiedererkannt: Dornröschen, eine Meerjungfrau, ein Herz aus Salz und ein eingemauertes Mädchen. Ich möchte gerne wissen, welche Märchen noch drinstecken, von mir aber nicht erkannt wurden.
„Dinge, die vom Himmel fallen“ ist kaum greifbar. Sprachlich wunderschön, zart, sanft. Inhaltlich krass, irre und unglaublich. Ich habe lange darüber nachgedacht. Ich interpretiere das ganze Buch selbst als Märchen. Und so hat es für mich auch ein positives Ende. Es endet mit der Wasserschwallgeburt einer Meerjungfrau und einem Baum, der aus einer Wand wächst. Für mich hat es die Botschaft: es geht immer weiter in unserem Leben, egal, was der Zufall für uns bereithält.
Und so endet das Buch auch, wie jedes gute Märchen, mit dem Satz
Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.
INFOS ZUM BUCH
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Dinge, die vom Himmel fallen übersetzt von Stefan Moster 208 Seiten € 20,00 [D] , gebundene Ausgabe ISBN: 978-3-86648-242-5 |
Dieses Buch klingt… tatsächlich märchenhaft. So, als müsse man seine Vorstellung von Logik vor der Tür lassen, um mit dem Text überhaupt zurecht zu kommen?
Ja, das hast du richtig erkannt.
Obwohl einiges auch einem „normalen“ Leben entspricht.
Doch die Verbindung zu Märchen ist sehr stark, man muss sich schon ein wenig aus der Realität lösen können, wenn man dieses Buch geniessen möchte.
Grüße
Silvia