Interview: Birgit Rabisch
Mittwoch, 20. November 2019
Rabisch spricht über Vergangenheit und Zukunft
Birgit Rabisch hat ihr Buch Die schwarze Rosa neu überarbeitet und im Indie-Verlag duotincta neu veröffentlicht. In diesem Buch beschreibt sie das Leben ihrer Großmutter, die enge Kontakte zur schwarzen Reichswehr hatte. Ein interessantes Buch, dass ich zum Anlass für ein erneutes Interview mit Birgit Rabisch genommen habe. Im Frühjahr 2016 habe ich bereits ein erstes Gespräch mit ihr veröffentlicht.
Die schwarze Rosa
Silvia: Die schwarze Rosa erschien erstmalig 2005. Wie kam es zu dieser überarbeiteten Version?
Birgit Rabisch: Der Anstoß dazu kam von Jürgen Volk vom Verlag duotincta. Er hatte die alte vergriffene Ausgabe aus dem zu Klampen-Verlag gelesen und fand das Thema hochaktuell, gerade in diesen Zeiten, in denen die Rechten überall erstarken. In dem Roman geht es mir ja um die Frage, wie die Entwicklung hin zum Nationalsozialismus geschehen konnte. Und wie kam es, dass meine Großmutter, die ich als liebevolle Oma erlebt habe, sich so in die nationalistische Denk- und Gefühlswelt verstrickt hat, dass sie schließlich sogar Morde rechtfertigte? Der Verlag duotincta war jedenfalls von dem Roman begeistert und wollte ihn unbedingt wieder zugänglich machen. Zum Glück erhielt ich die Rechte vom zu Klampen-Verlag zurück und so konnte ich mich an die Überarbeitung machen. Ich habe neuere historische Erkenntnisse berücksichtigt und „Die Schwarze Rosa“ mit einem Vorwort versehen, das auf die heute ganz andere politische und gesellschaftliche Situation als bei der Erstveröffentlichung vor 14 Jahren eingeht. Und ich bin jetzt wirklich glücklich, dass es den Roman in dieser schönen duotincta-Ausgabe wieder gibt!
Familie
Silvia: Ich freue mich auch, sonst hätte ich das Buch wohl nie gelesen. Hast du noch nach dem Leben weiterer Verwandter geforscht?
Birgit Rabisch: Es geht in „Die Schwarze Rosa“ ja nicht nur um meine Großmutter, sondern um die ganze große, kinderreiche Familie Klapproth, aus der sie stammte. Da bin ich den einzelnen Schicksalen nachgegangen, soweit es möglich war. Zentral war, außer meiner Großmutter, insbesondere ihr ältester Bruder Erich, der als Mitglied des Kommandos zur besonderen Verwendung der Schwarzen Reichswehr etliche Morde an vermeintlichen Verrätern begangen hat, wofür er auch zum Tode verurteilt wurde. Alle Fememörder wurden allerdings schon nach dem Erstarken der NSDAP bei den Wahlen am 14.9.1930 amnestiert.
Silvia: Über die Prozesse gibt es sicher noch Aufzeichnungen, du hast ja auch Zeugenaussagen im Buch aufgeführt. Deine eigene Biographie finde ich auch ziemlich spannend. Schreibst du selbst so etwas wie Memoiren?
Tod der Autorin
Birgit Rabisch: Als hättest du es geahnt! Ich habe gerade die sechste und vorläufig letzte Überarbeitung meines Manuskripts „Tod der Autorin“ beendet, in dem mein Leben und meine Literatur und vor allem die Wechselwirkung zwischen beiden eine große Rolle spielt. Es sind jedoch keine klassischen Memoiren. Am ehesten könnte man es wohl als Autofiktion bezeichnen. Oder Auto(r)fiktion. Oder Autorinnen-Fiktion. Wie auch immer. Mit diesen Schubladen kann sich die Literaturwissenschaft herumplagen. Für mich ist es: Ein Leben in elf Romanen.
Silvia: Ich lese gerne romanhafte Biographien, deine Pläne gefallen mir also sehr gut. Ist die Arbeit an „Tod der Autorin“ schon abgeschlossen?
Birgit Rabisch: Nach der vorläufig letzten Überarbeitung eines Manuskripts (s.o.) folgen bei mir unweigerlich noch etliche weitere, die letzten dann im Austausch mit meinem Lektor. Also: noch bin ich ganz in den Fängen meines Manuskripts „Tod der Autorin“. Vielleicht kommt es noch in 2020 zu einer Veröffentlichung.
Verfilmung
Silvia: Dein Jugendbuch Duplik Jonas 7 war sicher dein größter Erfolg. Dieses Buch über Gentechnologie wurde als Schullektüre ausgewählt und wird aktuell verfilmt. Hast du da Einfluss auf das Drehbuch? Wann können wir den Film sehen?
Birgit Rabisch: Ich habe mich bewusst entschieden, mich nicht in das Drehbuch einzumischen, weil ich weiß, das Buch und Film zwei Paar Schuhe sind. Ich habe inzwischen aber schon etliche abgefilmte Szenen sehen dürfen, die mir sehr gefallen haben. Leider ziehen sich die Dreharbeiten in die Länge, weil es wegen eines Todesfalles in der Familie des Regisseurs Harald Götz zu einer Unterbrechung kam. Und jetzt ist es schwierig, alle Schauspieler, die ja auch andere Engagements haben, wieder für drei noch benötigte Drehtage an einem Termin zusammen zu bekommen. Aber alle Beteiligten brennen für den Film und so hoffe ich, dass er 2020 fertig wird. Es ist allerdings keine Hollywood-Produktion, die in allen Kinos anläuft, sondern ein Projekt der Hochschule Offenburg! Ich werde auf meiner Website birgitrabisch.de darüber informieren, wann und wo ihr ihn sehen könnt.
Indie-Verlage
Silvia: In Köln haben wir einige gute Programmkinos. Ich hoffe, dass ich ihn sehen kann. Du verkaufst deine Bücher über den kleinen (aber guten!) unabhängigen Verlag duotincta. Wie siehst du die Gegenwart und Zukunft der Indie-Verlage?
Birgit Rabisch: Ein weites Feld! Eins kann ich aber mit Sicherheit sagen: Die Indie-Verlage haben es schwer und die Situation hat sich gerade in letzter Zeit noch verschärft durch die Pleite des Zwischenhändlers KNV, die drastische Erhöhung der Portokosten für das Versenden von Büchern und die immer höheren Abgaben an den Buchhandel etc. Es wird auch immer schwieriger, überhaupt wahrgenommen zu werden, da sich die Scheinwerfer der Medien auf die Bestseller richten und auf die Bücher aus den großen Verlagen, die sich ein aufwändiges Marketing leisten können. Ein Lichtblick ist der neu geschaffene Verlagspreis für Indie-Verlage, auch wenn wir noch weit von einer Förderung wie z.B. in Norwegen entfernt sind. Ich hoffe sehr, dass es auch weiterhin möglich sein wird, Literatur jenseits des Mainstreams zu veröffentlichen. Mein Verlag duotincta kämpft jedenfalls weiter dafür, seinem Motto „100 % Literatur“ treu zu bleiben.
Silvia: Ich drücke allen unabhängigen Verlagen, vor allem den kleinen, die Daumen, dass es weitergeht. Sie bringen eine ungeheure Vielfalt in unseren Buchmarkt. Welche Rolle spielen Buchblogger deiner Meinung nach im Literaturzirkus?
Birgit Rabisch: Gerade für kleine Indie-Verlage spielen sie eine große Rolle! Sie können auch Büchern Aufmerksamkeit verschaffen, die von keinem großen Werbe-Etat gepuscht werden, und sie erreichen viele LeserInnen direkt. Ich bewundere das Engagement vieler BuchbloggerInnen, schätze die Liebe, Arbeit und Sorgfalt, die sie in ihre Buchbesprechungen stecken. Das gilt natürlich nicht für alle, aber mit vielen habe ich sehr gute Erfahrungen gemacht und ich bin für jede Besprechung meiner Bücher dankbar.
Silvia: Ich sag mal: Danke. Ich finde es auch toll, dass du in den sozialen Medien mit Bloggern viel interagierst. Das machen nicht viele AutorInnen. Das gibt mir Ansporn Indiebooks noch mehr zum Thema zu machen.
Vielen Dank, liebe Birgit, für das Interview. Ich bin sehr gespannt auf dein nächstes Buch und natürlich den Film.