Birgit Rabisch: Die Schwarze Rosa
Mittwoch, 13. November 2019
Eine Frau in der Weimarer Republik
Die Autorin Birgit Rabisch begab sich auf die Spuren der Vergangenheit ihrer Großmutter. Sie sucht nicht in der Zeit des zweiten Weltkriegs, sondern vorher. Und Rabisch ist mutig genug, auch unangenehme Seiten ihrer Oma zu entdecken. In einem anderen Beitrag gibt es ein Interview mit Birgit Rabisch. Darin sprechen wir unter anderem über dieses Buch.
Röschen
Röschen wächst als Tochter eines Webers auf. Ein schwieriger Berufszweig in einer Zeit, in der die industrielle Revolution das Handwerk in der heimischen Hütte in diesem Zweig so gut wie überflüssig macht. Das Weben per Hand kann preislich nicht mit den industriell gefertigten Stoffen konkurrieren.
Am liebsten ist Röschen bei ihrem Großvater. Er wohnt in der Nähe, hält Schafe und kennt sich in der Natur gut aus. Dieses Wissen gibt er an seine altkluge Enkelin weiter. Sie sollte wissen, welche Pflanzen Heilkräfte haben und welche man meiden musste, welche Pilze wohlschmeckend und welche tödlich waren, wie man an den Honig der Bienen kam und wie man sich vor ihren Stichen schützte. Sie lernt die Natur lieben.
Röschen ist wissbegierig, doch das ist für ein Mädchen, und auch für erwachsenen Frauen zu dieser Zeit eher hinderlich. Frauen sollen fleißig, gebärfreudig und sittsam sein. Und nicht neugierig und schlau.
Rosa
Da die Familie von der Weberei nicht mehr leben kann, ergreift sie eine Chance, beginnt in Posen ein neues Leben.
Die erträumte glückliche Zukunft verwandelte sich im Juli 1910 zunächst einmal in eine herbe Gegenwart.
In Posen wird Land zur Verfügung gestellt, doch es sind noch keine Häuser gebaut und die polnische Bevölkerung ist auch nicht gerade erfreut, die deutschen Siedler auf ihrem Land sitzen zu haben.
Doch die Kinder der Deutschen und der Polen raufen sich zusammen. So auch Rosa, wie sie jetzt genannt werden möchte, und ihre beste Freundin. Nicht nur die Nationalität trennt sie, sondern auch die Religion. Mischehen zwischen Protestanten und Katholiken scheinen unmöglich.
Die intelligente Rosa freundet sich mit dem Pfarrerssohn an und verliebt sich. Sie lernt durch diesen jungen Mann die Literatur kennen. Eine höhere Schulbildung bleibt ihr natürlich verwehrt.
Dann kommt der erste Weltkrieg. Ihr älterer Bruder Erich geht zur Marine. Die Familie hat Angst um ihn.
Nach dem Krieg muss die Familie sich wieder neu orientieren. Sie beginnen erneut ein neues, anderes Leben Jetzt übernimmt Rosas Vater eine Gastwirtschaft. Natürlich muss Rosa dort schuften. Die geliebte Natur muss sie hinter sich lassen.
Ihr Bruder Erich bringt auch die Politik in die Gaststube. Und Paul. Oberleutnant Paul Schulz wirbt offen um Rosa. Lädt sie ins Theater, ins Restaurant ein. Ist das endlich die große Liebe?
Schwarze Rosa
Rosa verlobt sich in Paul und zieht mit ihm nach Berlin. Paul ist Offizier bei der Reichswehr. Er erklärt ihr die Welt. Sie ist verliebt und glaubt ihm alles. Sie geht in Pauls Ideologie auf und wird zur schwarzen Rosa.
Es geschehen schlimme Dinge, die ihr erst später wirklich klar werden. Irgendwann muss sie sich auch entscheiden: hält sie dem Geliebten die Treue oder rettet sie ihre Brüder?
Hintergründe
Besonders gefallen hat mir an dem Buch, dass die Kindheit und Jugend von Rosa in einer totalen Umbruchphase stattfand und sie aus dieser Perspektive sehr gut erklärt wird. Über diese Zeit weiß ich auch bei weitem nicht soviel wie über die folgende Zeit des Nationalsozialismus. Auch meine Kinder haben über die Weimarer Republik in der Schule kaum etwas gelernt. Obwohl dort ja auch die Gründe für den Erfolg der NSDAP liegen. Von der schwarzen Reichswehr habe ich vorher noch nie gehört.
Mut
Ich finde es extrem mutig von Birgit Rabisch sich auf diese Weise mit der Vergangenheit der Großeltern auseinanderzusetzten. Und das auch zu veröffentlichen. Denn es sind diese „normalen“ Menschen, die das Rückgrat dieser Gesellschaft bildeten. Und gerade in unseren Zeiten, in denen rechte Parteien sehr auf dem Vormarsch sind, sollten wir uns Zeit nehmen und zurückblicken damit wir alle aus der Vergangenheit lernen können.
Leider haben meine Großeltern mir nur wenig über ihre Kindheit und Jugend erzählt. Und wenn, waren es verklärende Geschichten über Streiche und andere Anekdoten. Ich versuche meine Töchter immer wieder anzuhalten mit meinen Eltern über deren Kindheit im zweiten Weltkrieg zu sprechen. Leider mit wenig Erfolg.
Fazit
Die schwarze Rosa ist ein packendes Buch über eine schwierige Zeit in Deutschland. Die Geschichte einer Frau, die Träume hat und dann doch nur immer wieder versucht zu überleben. Spannend, lehrreich und sehr kurzweilig. Sehr hilfreich finde ich auch die Hinweise und Dokumentationen am Ende des Buches.
Weitere Bücher der Autorin
Von Birgit Rabisch habe ich bereits zwei Bücher gelesen:
Die vier Liebeszeiten
Wir kennen uns nicht
Die weiteren Bücher findet ihr auf der Webseite der Autorin Birgit Rabisch.