Literaturautomat
Donnerstag, 7. Januar 2016
Habt ihr so etwas schon mal gesehen?
Nein, das ist kein Zigarettenautomat und Kondome gibt es da auch nicht.
Es handelt sich um einen Literaturautomaten!
Was ist das?
Gegen kleines Geld kann man an diesen Automaten Literatur erstehen.
Frei nach den Motti
Kultur statt Kippe
oder
Lyrik statt Lucky Strike
wirft dieser Automat kleine Schachteln aus, die „lyrische Miniaturen “ enthalten.
Wo gibt es das?
Bisher an 15 Standorten, quer auf Deutschland verteilt. Zwei stehen sogar im Ausland: Thessaloniki und Venlo.
Was ist denn da drin?
Zwei Ansichtsexemplare wurden mir zur Verfügung gestellt.
In dem einen Text stellt Christian Knieps folgende Überlegung an: „Braucht mich die Welt?“. Volker Hein dagegen veröffentlicht auf diese Art das Liebesgedicht „Superstar“.
Die Schachteln haben die Größe von Zigarettenschachteln (müssen ja auch in ehemalige Zigarettenautomaten passen). Die Heftchen passen gut in die Handfläche, die Schrift ist auch für mich noch ohne Brille lesbar.
Neben dem literarischen Text selbst gibt es auch noch eine kurze Vita des Autors und ein paar Infos zum Literaturautomat. Auch eine tolle Geschenkidee für Literaturliebhaber!
Wer macht sowas?
Das habe ich mich auch gefragt und diese Fragen an Pamela Granderath, eine der Initiatorinnen weitergegeben.
Mail-Interview mit Pamela Granderath
Wer seid ihr?
Christine Brinkmann ist Kulturmanagerin und arbeitet im Bereich „Wort & Bühne“ im Soziokulturellen Zentrum „zakk“, hat also schon von Berufswegen viel mit zeitgenössischer Literatur zu tun. Pamela Granderath ist Lyrikerin und Mitglied der KünstlerInnengruppe ART CONNECTION, die in Kooperation mit dem zakk die Automaten betreiben.
Wie seid Ihr auf die Idee gekommen?
Wir wollten eine ungewöhnliche Publikationsform für zeitgenössische Literatur schaffen und kamen durch einen Zufall auf die Zigarettenautomaten.
Seit wann mach Ihr das?
Seit Dezember 2006 – so hat der Automat in diesem Jahr sein 10 jähriges Jubiläum und Ende 2016 gibt es dann auch eine tolle Geburtstagsparty.
Wie kommt ihr an die Geschichten, die Autoren?
Jeder/Jede die schreibt, kann sich auf unserer Webseite bewerben www.literaturautomat.eu.
Viele Autoren und Autorinnen empfehlen uns weiter und berichten auf ihren Blogs oder auf ihren Webseiten über den Automaten – so verbreitet sich diese Publikationsmöglichkeit quasi viral im Netz – aber auch Zeitungen, TV oder Radiosender berichten gelegentlich über uns, was dann meistens eine Bewerbungswelle auslöst.
Manchmal schreiben wir auch AutorInnen an, wenn wir eine Sonderausgabe haben zu einem speziellen Thema – Lyrik, Poetry Slam, Fußball WM oder ein Wettbewerb an Düsseldorfer Schulen.
Wie lang darf eine Geschichte sein?
Max 3200 Zeichen (inkl. Leerstellen)
Was ist Euer Bestseller?
Aktuell ist der Automat in der Ruhruniversität Bochum unser Bestseller – mehr als 300 Minibüchlein wurden im letzten Jahr dort „gezogen“!
Raucht Ihr?
Gelegentlich rauchen unsere Köpfe, wenn wir uns durch die Flut der Bewerbungen lesen…
Ist eine digitale Ausgabe geplant?
Niemals – print ist uns wichtig; das die Leute sich die Büchlein selber ziehen und diese einen Platz in den Bücherregalen bekommen.
Liegen in Griechenland andere Geschichten bereit?
Ja, in Griechenland haben wir den Automaten mit Büchlein in zwei Sprachen bestückt und dafür speziell deutsche & griechische AutorInnen angesprochen. So haben die Minibücher dort ein paar Seiten mehr, weil die Texte sowohl auf deutsch als auch auf griechisch enthalten sind.
Gibt es Expansionspläne?
Ja, wir kaufen immer wieder einen neuen Automaten (wenn wir den bekommen können) und haben eine Liste mit Anwärtern…
Wer macht das Design?
Das macht konstant seit zehn Jahren die Grafikerin Justyna Tuha. Sie ist ebenfalls Mitglied der KünstlerInnengruppe ART CONNECTION und gestaltet so ziemlich alle Printmedien der Gruppe.
Wird es auch bunte Automaten geben?
Nicht alle Automaten haben die gleiche Farbe – angefangen haben wir mit weiß, aber es gibt auch grau, grün, orange, hellenisch blau, Elfenbein und schwarz.
Was macht Ihr sonst noch im literarischen und künstlerischen Bereich?
Christine Brinkmann ist neben ihrer hauptberuflichen Tätigkeit im zakk noch an der FH Düsseldorf tätig, wo sie einen Lehrauftrag hat und engagiert sich privat noch in der Gruppe „Text-Ton-Applaus“.
Pamela Granderath ist Lyrikerin, Moderatorin für Poetry Slam & andere literarische Formate und Literaturvermittlerin – will heissen ich mache Workshops, Projekte, Kurse und Seminare zum Thema Lyrik,Prosa, biografisches Schreiben, Comics und Poetry Slam. Ende Januar erscheint mein Lyrikband im Größenwahnverlag Frankfurt. Mit ART CONNECTION entwickele ich Lesungsformate (Sofageflüster, literarische Plattform, Hinterhoflesung). Darüber hinaus experimentiere ich mit visueller Poesie und textueller Lichtmalerei.
Vielen Dank, liebe Pamela für diese Informationen!
Fazit
Sehr spannend, diese große Literatur-Kunst im Kleinformat!
Wenn ich wieder mal in Düsseldorf bin, dann schaue ich mal bei einem vorbei. Bin schon gespannt, welche „Geschmacksrichtungen“ ich dann zu lesen bekomme.
♌
Eine tolle Verwendung für die ollen Automaten. Nur schade, dass sie nicht so verbreitet sind. In Hamburg ist wohl keiner zu finden.
Das kann ja noch werden!
Eine wirklich tolle Sache!
Schade das es keinen Automaten in Berlin gibt. Wobei ich so etwas ähnliches schon mal auf einem Bahnhof der Berliner S-Bahn sah…
Weiter so…
Andrea
Ein Bahnhof ist für Literatur-die-Schnelle sicher ein guter Ort!