Nachlese Romane und Krimis
Mittwoch, 24. Oktober 2018
Nachlese: Romane und Thriller

Fünf Bücher, kurz und knapp besprochen
Bianca Bellová: Am See

Nami wächst bei seinen Großeltern auf. Diese leben in einem kleinen Ort an einem großen See. Die Mutter ist weg. Nami hat nur sehr bruchstückhafte Erinnerungen an sie. Das Leben dort ist ziemlich hart. Der Schauplatz ist mir nicht ganz klar. Russland? Oder eines der Länder im russischen Einflussbereich? Ich habe das Gefühl dieser Ort, dieser See, diese Menschen sind ein Sinnbild für viele andere Orte, Seen und Menschen. Das Buch ist hart und berührend zugleich. Es führt Nami aus dem Dorf in die große Stadt, zu vielen bösen und wenigen guten Menschen. Seine Welt ist ungeheuer grausam und hart. Auch Nami kann ausstecken. Die Umwelt ist sehr angegriffen, ihr Zustand wird immer schlimmer. Manche Menschen in diesem Umfeld leben nur noch für Erinnerungen, die sie tauchend aus dem vergifteten See bergen. Das Buch ist voller Bilder, Metaphern und Realitäten. Ein Roman, der einen langen Nachhall in mir auslöste.
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Franziska Hauser: Die Gewitterschwimmerin

Dieses Buch haben wir an dem Tag gekauft, an dem die Longlist für den Deutschen Buchpreis 2018 veröffentlicht wurde. Der Titel, das Cover, der Klappentext: alles sprach meinen Mann und mich an. Es wurde auch direkt gelesen.
Durch Erzählungen aus der Gegenwart und viele Rückblicke bis ins Ende des 19. Jahrhunderts wird eine schon recht besondere Familiengeschichte erzählt. Familie Hirsch hat eine jüdische Vergangenheit und findet sich nach vielen Wirrungen in den Kriegen im Sozialismus wieder. Die Menschen in dieser Familie vereint, dass sie alle recht eigensinnig und intelligent sind. Vor allem Tamara Hirsch, die auch die Rückblicke erzählt sucht gerne mal das Risiko. Und das nicht nur, wenn sie bei Gewitter im See schwimmen geht. Das Buch lässt sich gut lesen, bot mir aber sprachlich und inhaltlich nichts Neues, so habe ich es auch nicht auf der Shortlist gesehen. Sehr gut gefiel mir aber die Gestaltung der Sprünge in den Zeiten. Doch lest selbst, wenn ihr mal wieder Lust auf eine interessante deutsche Familiengeschichte habt.
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Haruki Murakami: Die Ermordung des Commendatore II, Eine Metapher wandelt sich

Wie schon mehrmals erwähnt bin ich kein Murakami Fan. Doch der erste Teil dieses Romans lag eines Tages in meinem Briefkasten und er gefiel mir eigentlich ganz gut. So freute ich mich schon auf den Abschluss, das Buch wurde direkt gekauft. Doch ich war echt enttäuscht. Die surrealen Teile des Buches mit vielen Andeutungen auf die griechische Mythologie fand ich super. Aber ansonsten weiß ich nicht wozu das Ganze. Es wurde mir zu wenig aufgeklärt, der Autor erschien mir sehr fixiert auf die Brüste eines halbwüchsigen Mädchens und konnte mich einfach nicht fesseln. Schade. Ob ich mich jetzt noch an die IQ84 Bände herantraue? Doch Murakami-Kenner versicherten mir: die sind viel, viel besser. Mal sehen.
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Jane Harper: Ins Dunkle

Falk ist wieder zurück in Melbourne und arbeitet im Bereich Wirtschaftskriminalität. Er untersucht mit seiner Kollegin einen Fall von Geldwäsche, als ihre Informantin bei einem Teamevent im Wald verschwindet. Krass der Unterschied des Settings zu The Dry, dem Vorgängerband. Das neue Buch führt uns nicht in die Wüste sondern in einen dichten, unwegsamen Wald. Hier sind schon viele Menschen verlorengegangen. Vor allem Frauen. Ein Serienmörder ging auch schon mal um. Gut gemacht mit mehreren Perspektiven und Zeitschienen, die sich am Höhepunkt treffen. Trotzdem gefiel mir der erste Band etwas besser. Gewundert hat mich auch der Verlagswechsel. Ach und der erste Band ist jetzt als „richtiges“ Taschenbuch herausgekommen, heißt jetzt aber Hitze.
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André Georgi: Die letzte Terroristin

Die dritte Generation der RAF taucht nach der Wende wieder auf. Sie wurden von der Stasi ausgebildet und haben eine neue Todesliste die sie fleißig abarbeiten. Kawert, der leitende BKA-Ermittler gerät unter Druck. Ein Attentat kann er nicht verhindern, einer seiner Informanten wird erschossen. Kawert kennt das nächste Opfer: den Chef der Treuhand. Kann er dieses Attentat verhindern? Ich lernte aber auch die andere Seite kennen. Ich will nicht so weit gehen, dass ich mich in die Terroristen wirklich einfühlen kann, aber es wird mir viel klarer, wie diese Organisation funktioniert. Wie wirklich alles zusammenhängt werden wir alle wohl nie erfahren, doch so, wie Georgi es beschreibt könnte es gewesen sein. Wie muss so ein Mensch gestrickt sein, dass er alles opfert für die nebulösen Theorien einer illegalen Gruppe? Was bringt jemanden zum kaltblütigen Mord? Wie wurden sie ausgebildet?
Doch auch die Seite der BKA-Ermittler ist voll mit kaputten Typen. Dieser Job macht Ehen kaputt, zerreißt Familien. Kawert schafft es nicht sein eigenes Leben zu ordnen. Immer steht er unter Druck, in Gefahr auch noch das zu verlieren, was ihm blieb: seinen Job, seine Karriere.
Alle geraten vermehrt unter Druck, jeder belügt jeden. Anhand tatsächlicher Ereignisse und einiger kursierender Verschwörungstheorien zeigt Georgi in seinem spannenden Thriller auf, wie es gewesen sein könnte. Mir erscheint das Buch so gut recherchiert wie die Bücher von Schorlau.
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Das waren wieder fünf kurze Buchbesprechungen von Büchern aus den letzten Monaten. Ich schaffe es trotz dieses Formates nicht alle Bücher zu besprechen, die ich so lese und höre. Muss aber auch nicht sein. Ich wünsche euch noch eine schöne Zeit.

Ach, mir hat „Die Gewitterschwimmerin“ auch ganz wunderbar gefallen, es war für mich eine Entdeckung, ein Lesehighlight, gewesen, das ich oft und viel empfehle. „Am See“ hatte ich kürzlich begonnen, aber irgendwie wieder zur Seite gelegt. Ich kam nicht in die Geschichte hinein. Vielleicht war das eine falsche Entscheidung, ich werde es noch einmal zur Hand legen. Viele Grüße
Hallo Constanze,
Witzig, dass wir da so unterschiedliche Wahrnehmungen hatten.
Doch so ist das halt in der weiten Welt der Vücher. Zum Glück gibt es genug davon…
Viele liebe Grüße
Silvia
Liebe Silvia,
Ein Warnhinweis: Wenn dir beim aktuellen Murakami das mit den Brüsten zu viel war, dann lass die Finger von 1q84, da geht es teilweise noch delikater zu und es ist stellenweise sehr langatmig.
Die Gewitterschwimmerin liegt noch vor mir und ich freue mich auf das Buch. Habe es während der Longlistphase zum Deutschen Buchpreis schon angelesen und war sehr angetan.
Liebe Grüße
Marc
Hallo Marc,
Danke für die Warnung.
Ich habe nicht generell ein Problem mit Brüsten in Büchern. Nur eher mit Männern, die dauernd auf die Brüste eines Mädchens starren und darüber reflektieren. Ich habe den Sinn nicht verstanden. Aber egal, ich glaube Murakami und ich: das gibt nix mehr.
Viel Spaß mit der Gewitterschwimmerin!
Alles Gute
Silvia
Liebe Silvia,
Ein schöner Beitrag, der mir Einblicke in gleich mehrere Bücher liefert. Das gefällt mir. Außerdem sind die eisten Bücher welche, von denen ich vorher noch nichts oder nicht so viel gehört habe. Also gab es hier für mich ganz viel zu entdecken. Auf „Die letzte Terroristin“ hast du mich sehr neugierig gemacht.
Liebe Grüße, Julia
Hallo Julia,
schön, dass ich dir etwas Neues bieten konnte. Die letzte Terroristin war wirklich klasse! Spannende Geschichtsstunde (wenn auch mit anderen Namen) und gut geschrieben.
Alles Gute
Silvia