[Rezension] Yusra Mardini: Butterfly
Donnerstag, 7. Juni 2018
Eine außergewöhnliche Flüchtlingsgeschichte
Eine etwas andere Rezension
Ein Buch, das einem von Anfang an erzählt, worum es geht. Es wird keine Spannung aufgebaut, das Ende ist von vornherein klar. Steht es doch schon auf dem Cover. Und trotzdem empfinde ich es als spannend und sehr lesenswert.
Inhalt
Yusra ist Syrerin. Sie flieht mit 17 Jahren aus Damaskus. Sie ist Hochleistungsschwimmerin und hat einen großen Traum: Olympia.
2015 wird die Lage in Syrien immer unberechenbarer und Yusra flieht mit ihrer Schwester Sara und zwei Cousins nach Deutschland. Anfangs ist die Reise luxuriös. Sie fliegen von Damaskus nach Istanbul. Von dort geht es mit dem Schlauchboot auf eine dramatische Reise nach Griechenland auf die Insel Lesbos. Über diverse Länder geht es weiter nach Deutschland, wo sie in Berlin ankommen.
Sie haben großes Glück. Nach der Massenunterkunft bekommen sie sehr schnell eine angenehmere Unterkunft. Und auch schwimmen dürfen sie sehr bald wieder. Ein Berliner Verein nimmt sie unter seine Fittiche und kümmert sich rührend. Während Sara bald aufhört mit dem Sport, nimmt bei Yusra der Ehrgeiz immer mehr zu. Will sie doch so schnell wie möglich die tragischen Fluchterinnerungen vergessen und zu ihrer alten Form zurückkommen.
Olympia rückt erst einmal in weite Ferne. Ihre Leistungen sind so schlecht, dass sie in die Gruppe der 13- und 14jährigen kommt. Auch schulisch muss sie zurückstecken. Mit 17 Jahren kommt sie in die 9te Klasse. Sie kann sehr gut Englisch, aber wegen der fehlenden Deutschkenntnisse muss sie tiefer einsteigen. Es ist nicht leicht, diese Demütigen zu verarbeiten, zumal ihr auch der Kontakt zu Gleichaltrigen fehlt.
Eines Tages bekommt sie die Nachricht, dass es in Rio bei den olympischen Spielen eine Flüchtlingsmannschaft geben wird und sie evtl. dabei sein darf. Das bringt sie in große Gewissenskonflikte.
Meine Eindruck
Dieses Buch hat mich sofort in der Buchhandlung angesprochen. Ich hoffte, dass mir dieses Buch einiges erklären könnte. Noch nie habe ich die Situation in Syrien wirklich verstanden. Als dieser Krieg losging, war ich einfach nur sprachlos, und wurde im Laufe der Jahre immer fassungsloser.
Immer wieder aufs Neue diese Bilder im Fernsehen. Eigentlich war ich überrascht, dass dort immer noch Menschen leben. Aber leider ist es wie häufig bei den Reportagen, man sieht immer nur eine Seite und kann sich das große Ganze nicht vorstellen. Kürzlich sah ich Bilder aus Damaskus, die eine nahezu intakte Stadt zeigten. Wie kann das sein? Ist dieser Krieg so sehr auf einzelne Stadtteile fokussiert?
Die Ursachen des Krieges bringt mir dieses Buch nicht näher, dafür aber viele andere Dinge.
Sobald wir den syrischen Luftraum verlassen haben, beginnen die Demütigungen.
Wir sind die Glücklichen. Diejenigen, die genug Geld zum Reisen hatten. Diejenigen ohne Ersparnisse oder Besitz, der verkauft werden kann, landen in den Lagern in Jordanien, im Libanon oder der Türkei. Aber nach der Ankunft in Deutschland geht uns das Geld aus und wir sind auf Almosen angewiesen.
Yusra gehört als Leistungsschwimmerin zu den privilegierten Flüchtlingen. Sogar das Asylverfahren wird für sie vorangetrieben, damit sie zu Wettkämpfen ins Ausland reisen kann. Trotzdem fällt ihr das neue Leben schwer. Der Begriff Flüchtling wird zu einem Stigma. Sie braucht lange, um damit umgehen zu können.
In „Butterfly“ gibt es sogar Fotos von Yusras Flucht. Journalisten und Fotografen haben sie auf der Flucht teilweise begleitet. Dies war reiner Zufall und hatte nichts damit zu tun, dass sie in Syrien in der Nationalmannschaft schwamm. Die Journalisten wollten lediglich hautnah berichten.
Yusra erzählt uns in „Butterfly“ auch von der Unwissenheit der Deutschen Bevölkerung. Viele stellen sich Syrien als ein unterentwickeltes Land vor, sind überrascht davon, dass es Schwimmbäder, Computer und Handys gibt.
Mehr erfahren hätte ich gerne über das Kopftuchthema. Für ein Mädchen stellt sich irgendwann die Frage, ob sie es tragen möchte, heißt es häufig. Für Yusra und ihre Schwester stellt sich die Frage kaum. Es wäre beim Schwimmen schwierig gewesen, also entschieden sie sich dagegen. So einfach ist das? Wohl kaum!
Die Autoren
Yusra Mardini schrieb dieses Buch mit der Journalistin Josie Le Blond. Leider konnte ich nichts darüber erfahren, wie dieses Buch entstanden ist. Auf jeden Fall wurde es auf Englisch geschrieben, bei der Übersetzung ins Deutsche waren 3 Übersetzer beteiligt!
Fehlerträchtig
Dieses Buch hat mir viele neue Einblicke gewährt und ich bin sehr froh, es gelesen zu haben. Den Lesefluss und die Lesefreude haben leider diverse Rechtschreibfehler bzw. Übersetzungsfehler etwas geschmählert. Lag es an der mangelnden Zeit? Die deutsche Ausgabe ist nur eine Woche nach Erscheinen des Englischen Originals erschienen.
Fazit
„Butterfly“ von Yusra Mardini beschreibt die Flucht einer minderjährigen Schwimmerin aus Syrien, das Ankommen in Deutschland und das Einleben in einem völlig fremden Land. Aufgrund besonderer Vorkommnisse darf sie als Schwimmerin der Flüchtlingsmannschaft zu den olympischen Spielen nach Rio fahren und wird eine Kämpferin für viele Flüchtlinge auf der Welt.
Ich muss gestehen, ich hatte bisher nie von Yusra gehört. Nach der Lektüre des Buches kann ich das überhaupt nicht fassen!