Nina Sahm: Meine Tage mit Bumerang
Mittwoch, 23. Oktober 2019
Landleben mit Schaf
Annu lebt in einem kleinen Ort, allein in einem renovierungsbedürftigen Haus. Sie mag ihr Leben, solange ihr bester Freund Lars mit seiner kleinen Familie ganz in der Nähe wohnt.
Ihr Geld verdient sich Annu mit Übersetzungen. Sie vermisst ihre Eltern, die beide schon tot sind. Doch sie ist nicht unglücklich und vermisst eigentlich auch keinen Partner. Obwohl Lars immer wieder versucht sie zu verkuppeln.
Doch dann verursacht Annu einen schlimmen Unfall. Damit und mit dessen Folgen kommt sie nicht klar. Die Dorfbewohner meiden sie. Lars ist nicht mehr für sie da. Annu ist einsam und traurig.
Kalle
Der einzige, der sich noch ab und zu bei ihr sehen lässt ist Kalle, der Sanitäter, der auch nach dem Unfall kam. Doch Annu möchte gar nicht getröstet werden und ihren unglücklichen Zustand behalten, denn Glück hat sie durch ihre Tat gar nicht mehr verdient.
Wenn sie keine neuen Menschen in ihr Leben ließ, konnte sie auch von niemandem verletzt werden. Sie würde ab heute alles alleine schaffen, schwor sie sich, sie würde keine Hilfe brauchen, denn sie verdiente es nicht.
Schaf
Da steht eines Tages ein Schaf in ihrem Garten. Wo kommt es her? Wo gehört es hin? Was soll sie damit? Liebenswürdig ist es auch nicht. Es frisst alles an und macht viel Unordnung. Verjagen lässt es sich auch nicht. Es kommt immer wieder zurück.
Deshalb heißt das Schaf jetzt Bumerang.
Durch die Auseinandersetzung mit der Pflege eines Schafs, dessen Ernährung und Krankheiten findet Annu unfreiwillig langsam wieder ins Leben zurück. Langsam nähern sie und Bumerang sich aneinander an. Beide geben die gegenseitige Zuneigung nicht zu.
Die Pflegetipps für das Schaf, die sich Annu größtenteils aus dem Internet holt, sind spannend. Auch ich wäre in so einer Situation hilflos. Vielleicht etwas weniger als die weltfremde Annu…
Bumerang bekommt ein Bett im Kofferraum des Autos und irgendwann Gesellschaft durch einen quirligen Hund und einen stummen Jungen.
Annäherung
Durch das Schaf ändert sich Annus Lebenseinstellung und irgendwie auch die Reaktionen des Umfelds auf sie. Im Tante-Emma-Laden muss sie weniger bezahlen, manchmal fahren sogar wieder Autos an ihrem Haus vorbei. Eines bleibt sogar länger bei ihr. Auch zu Lars kommt wieder vorsichtiger Kontakt zustande.
Vom Stil und Setting erinnerte mich das Buch sehr an Was man von hier aus sehen kann von Mariana Leky. Auch die beiden Protagonistinnen hätten sich meiner Meinung nach sehr gut miteinander verstanden.
Annu
Annu kann finnisch, ihr Vater kam aus Finnland, ebenso wie ihr Name. Manchmal habe ich auch das Gefühl, dass das finnische Erbe Annus Welt entschleunigt und sie so genügsam werden lässt. Sie ist das Gegenteil vom sprichwörtlichen deutschen Fleiß und dem Streben nach mehr. Sie ist bis zu dem Unglück einfach zufrieden mit dem was sie hat. Davon könnte ich mir eine Scheibe abschneiden. Einfach mal häufiger innehalten und sich am Leben freuen. Durch Yoga fällt mir das leichter als früher. Annu geht sehr achtsam mit sich und ihrer Umwelt um. Dadurch wird sie sehr sympathisch.
Annu schreibt übrigens Listen. Zehner-Listen zu verschiedenen Themen: Filmen, Vorlieben ihres Schafes, Notfallplandinge und vieles mehr. Diese Listen gefielen mir sehr, auch wenn meine Listen meistens To-Do-Listen sind, die Stress hervorrufen können.
Fazit
Die Tage mit Bumerang von Nina Sahm bescherte mir eine paar leichte, erfreuliche Lesestunden. Es zeigt, wie schnell sich ein schönes Leben ins Gegenteil verkehren kann und das man sich alleine aus dem Sumpf nicht mehr herausziehen kann. Wir brauchen alle Gesellschaft. Der Ton ist leicht und heiter, der Inhalt bot mir trotzdem Gelegenheit zur Selbstreflektion.
schön…