Juan Gomez-Jurado: Die rote Jägerin
Sonntag, 7. November 2021
Krimicheck
Eine geheime Polizeiorganisation und zwei außergewöhnliche Protagonisten, gepaart mit einem irren Serienkiller: das sind die Zutaten für diesen Thriller aus Spanien. Dort war dieses Buch zwei Jahre hintereinander das meistverkaufte Buch des Jahres.
Hauptthema?
Erpressung
Schauplatz?
Spanien
Garstufe?
Blutig
Puls?
150
Psycho?
Ja.
Glaubhaft?
Ja.
Humor?
Nein. Obwohl es Ironie und Sarkasmus gibt.
Teil einer Reihe?
Der Autor schreibt am Ende:
Zum Schluss noch eines, auch wenn das vermutlich überflüssig ist, aber ich habe das Gefühl, mir damit viele Leserbriefe zu ersparen…
Ja.
Antonia und Jon werden wiederkommen.
Also ist „Die rote Jägerin“ der gelungene Auftakt einer spannenden Thrillertrilogie. Der zweite Band, „Die schwarze Wölfin“ soll im Juli 2022 in Deutschland erscheinen. Der dritte Teil „Rey Blanco“ (Der weiße König) ist in Spanien bereits 2020 erschienen.
Die Hauptfiguren
Antonia Scott ist „die vielleicht intelligenteste Frau der Welt“. Durch unheimlich hartes Training und Medikamente wurde ihre Fähigkeit Schlüsse zu ziehen auf die Spitze getrieben. Ihre Sozialkompetenz ist dagegen sehr dürftig. Sie gibt nur ausgewählten Menschen etwas von sich preis. Doch ist sie nicht bindungsunfähig. Ihr Mann liegt seit langem im Koma. Sie wohnt mehr oder weniger in seinem Krankenhauszimmer. Ironie und Sarkasmus versteht sie nicht. Sie kann viele Schritte im Voraus planen. Nicht nur ihre, sondern auch die der Anderen. Sie trifft sehr harte Entscheidungen.
Inspector Jon Gutiérrez ist ein fähiger Polizist mit weichem Herbst. Er ist mit Leib und Seele Baske, schwul und wohnt bei seiner Mutter. Sein Hobby: Steine heben (baskische Sportart). Er ist sehr kräftig gebaut und isst für sein leben gern. „Nicht das er dick wäre“ ist ein Satz, der als eine Art Running Gag funktioniert. Jon steckt in Schwierigkeiten, die Zusammenarbeit mit Antonia gestaltet sich sehr schwierig, ist aber seine letzte Chance.
Stil
Einige der heutigen Thriller nerven mich, weil der Schreibstil wirklich schlecht ist. Nach meinem Empfinden ist das hier anders. Auch hier gibt es Cliffhanger durch Perspektivwechsel. Aber nicht so reißerische Formulierengen, wie ich sie so häufig bei deutschen Thrillerautoren finde, die wie am Fließband produzieren.
Sehr gut gefiel mir auch eine Art Stilbruch im Buch. Die erste Hälfte des Buches wird meist aus Sicht von Jon beschrieben. Hier herrscht Ironie, Sarkasmus. Ich konnte manchmal schmunzeln.
Dann passiert etwas Schreckliches. Ein kurzer Moment, vielleicht der brutalste im Buch, wird sehr detailliert beschrieben. So wird erst das Ausmaß der Zerstörung richtig deutlich. Ohne zu sehr in blutigen Einzelheiten zu schwelgen. Denn diese Passage ist sehr sachlich beschrieben. Verfilmt würde es in Slow-Motion.
Dieses Ereignis ist der Punkt, in dem das Buch kippt. Die folgende Handlung wird meist aus der Sicht von Antonia beschrieben. Ende mit Schmunzeln. Nur noch Denken, Analysieren, Handeln.
Der gesamte Schreibstil ändert sich nach dem großen Knall in der Mitte des Buches. Fand ich klasse gemacht.
Der Autor
Juan Gómez-Jurado ist jetzt Mitte 40 und verdient sein Geld als Autor und Journalist. Er lebt in Madrid. Bekannt wurde er mit Verschwörungsthrillern, wie „Der Gottesspion“. Das war auch sein Debütroman.
Ich habe von ihm bisher „Zerrissen“ gelesen, was mir aber nicht so gut gefiel wie „Die rote Jägerin“. Allerdings weisen die Bücher inhaltlich ähnliche psychologische Aspekte auf. In beiden werden Protagonisten zu unmöglichen Entscheidungen gezwungen.
Fazit
Die rote Jägerin von Juan Gómez-Jurado ist spannend und gut geschrieben. Die Hauptfiguren bieten noch einiges an Entfaltungspotenzial. Ich freue mich auf die weiteren Bände dieser Thrillertrilogie.
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