Der Tod von Sweet Mister
Mittwoch, 27. Juli 2016
Shug ist 13, er lebt in einem Haus mitten auf einem Friedhof. Die Familie muss keine Miete zahlen, wenn Sie dort den Rasen mähen und etwas Ordnung halten. Die Mutter Glenda ist eine Schönheit, aber Alkoholikerin.
Sie liebt ihren Sohn und versucht ihre Erfahrungen dem Jungen mitzuteilen und auf sein zu erwartendes Leben vorzubereiten:
Wenn du in dieser Welt hier aufwächst, Sweet Mister, dann musst du hellwach sein. Wenn du am Morgen zur Tür hinausspazierst, musst du hellwach sein, und zwar bis zum Abend, wenn alle Lichter ausgehen.
Sweet Mister ihr Kosename für Shug. Obwohl er alles andere als süß ist. Eher übergewichtig, ungepflegt und grobschlächtig. Doch sie gibt ihm immer das Gefühl etwas Besonderes zu sein.
Der Vater, Red, hat dagegen keine gute Meinung von seinem Sohn. Er hält ihn für einen schwächlichen Versager. Red ist ein Tyrann, Schläger, Säufer und Verbrecher. Er ist oft auf irgendwelchen Touren, doch wenn er zurückkehrt bekommen Shug und Glenda es immer mit der Angst zu tun. Sie haben schon ziemlich üble Erfahrungen mit seinen Launen gemacht:
Seine Anwesenheit veränderte sofort alles, so wie ein brennendes Streichholz plötzlich alles in einem Heuschober verändert.
Red will Shug auch langsam in seinen üblen Machenschaften mit einbeziehen. So wird der Junge gezwungen in Häuser einzusteigen und Totkranken die Medikamente von Nachttisch zu stehlen.
Im gleichen Ort wohnen auch Verwandte, doch auch sie bieten dem Jungen keinen Halt. Sein Onkel kommt als Kriegsversehrter wieder nach Hause und wohnt wieder bei Granny. Das hört sich nett an. Ich denke direkt an eine gemütliche Küche mit leckerem Backgeruch. Doch Grannies Schicksal zeigt, wie das Leben in dieser Gesellschaftsschicht weitergeht:
Granny verlangte von den Straßen, ihren Wünschen zu gehorchen, wenn sie betrunken war, und sie schien zu glauben, dass sie das auch taten. Sie wollte dann, dass die Straße eine Kurve machte oder noch eine weitere Fahrspur bekam oder sich erhob und sich den anderen Verkehr aus dem Pelz schüttelte.
Während einer längeren Abwesenheit Reds, taucht zufällig ein Typ mit einem schicken Wagen auf und macht Glenda den Hof. Sie blüht auf. Er verspricht Hoffnung auf ein viel besseres Leben. Schaffen Mutter und Sohn es doch diesem trostlosen Dasein zu entfliehen?
Das Buch konzentriert sich sehr auf Shug. Es beschreibt, wie dieser Junge, der in der Pubertät steckt, erwachsen wird. Mit einer schrecklichen Konsequenz am Schluss, die mich total entsetzt hat. Aus Sweet Mister wird (aus meiner Sicht) ein Monster. Erst auf den letzten Seiten erkannte ich die Bedeutung einiger Andeutungen und Szenen die mir vorher nicht so wichtig erschienen. So überraschte mich das Ende, es hatte aber auch eine Art zwingender Konsequenz, die mich total fertigmachte.
Stimmung
Schreckliche, bittere, dunkle Szenen. Hoffnungslosigkeit.
Kennt Ihr den tollen Film „Winters Bone“? Mit Jennifer Lawrence? Klasse Film, aber ziemlich deprimierende Stimmung. Familien und Menschen denen es echt schlecht geht, die in hoffnungslosen Situationen sind. Das Buch nach dem der Film gedreht wurde ist auch von diesem Autor. Er zeigt in seinen Büchern ziemlich schonungslos das Leben des White Trash. Dem Gegenteil der Upper Class. Hier geht es nie um die Reichen und Schönen. Eher um die Armen, die hässliche Sachen machen.
Ich finde die Bücher sehr lesenswert, aber ich darf nicht in einer schlechten Phase sein, sonst ziehen sie mich ganz tief nach unten. Trotzdem interessieren mich diese Geschichten, deren Protagonisten das Gegenteil vom amerikanischen Traum leben.
Die Sprache ist manchmal poetisch, so dass sich ein krasser Gegensatz zur inhaltlichen Stimmung bildet. So auch in meiner Lieblingsstelle:
Lieblingsstelle
Fazit
Hart, deprimierend, aber trotzdem extrem gut.
Andere Stimmen zu diesem Buch
Biblio
Daniel Woodrell: Der Tod von Sweet Mister, Aus dem Amerikanischen von Peter Torberg , Heyne Taschenbuch Verlag,
ISBN: 978-3-453-41060-2, € 8,99 [D]