Petra Hartlieb: Meine wundervolle Buchhandlung
Sonntag, 12. April 2015
Ein wirklich wundervolles Buch über Bücher
Wer kann denn ahnen, dass sich hinter diesem verspielten Cover so ein spannendes und dazu auch noch wahres Leben verbirgt? Und wieviele Bücher gab es in den letzten Monaten, die eine „Bibliothek“ oder „Buchhandlung“ im Namen hatten? 4, 6, 8, …ein Dutzend? Recherchiere ich mal, wenn ich Zeit habe und trage es nach. Versprochen! Ich bin damit auf jeden Fall ganz durcheinander gekommen und habe den Wert dieses Buch viel zu spät erkannt.
Also mal vom Cover und dem Titel abgesehen, ist es ein tolles Buch, dass ich jedem, aber wirklich jedem ans Herz lege, der auch schon mal gesagt hat. „Eine Buchhandlung! Das ist ein Traum von mir!“
Petra Hartlieb hat sich diesen Traum erfüllt. Ganz spontan – ohne wirklich viel darüber nachzudenken. Und ihre Voraussetzungen waren nicht die Besten. Kein Geld, keine Ahnung vom Geschäft und außerdem lag diese Buchhandlung, bei der sie im Rahmen einer Zwangsversteigerung ein Gebot abgegeben hatte, in Wien. Sie ist zwar Österreicherin, zu dem Zeitpunkt aber in Hamburg ansässig. Mit Mann und zwei Kindern führt sie ein „Latte-Macchiatto-Leben“. Teilzeitjob mit genügend Zeit für die Kinder.
Als sie den Zuschlag für die Buchhandlung in Wien bekommt, gibt sie in Hamburg alles auf und zieht mit ihrer Familie erst einmal zu Freunden, um das Geschäft und die darüber liegende Wohnung zu renovieren. Vor dem Weihnachtsgeschäft muss die Buchhandlung öffnen, um die wichtigsten Wochen des Jahres mitzunehmen.
Immer wieder wird vom Weihnachtsgeschäft gesprochen. Dass es die Zeit ist, in der man Gewinn machen und nicht nur die laufenden Kosten decken kann. Aber auch, dass es die mit Abstand stressigste Zeit im Jahr ist. Dass der Laden dann völlig überfüllt ist und sich die Hartliebs halbe Nächte mit dem Einräumen von neuen Büchern um die Ohren schlagen.
Und immer wieder lesen wir von der großen Leidenschaft für Bücher.
Denn ganz normal ist es wohl nicht, wenn man nach einem Zehnstundentag, an dem man gefühlte zweihundert Bücher aller Genres nacherzählt hat, am Küchentisch sitzt, völlig begeistert die Vorschaupakete von Rowohlt und Hanser aufreißt und sich über einen neuen Auster oder T.C. Boyle freut, als hätte man noch kein einziges Buch auf dem Nachttisch liegen!
Petra Hartlieb schreibt über viele große und kleine Begebenheiten in ihrem Buchhändlerleben. Ihre Buchmessenbesuche, die Vertreterbesuche, ihre Art Angestellte einzustellen und auch, wie sie die Erziehung ihrer Kinder trotz Vollzeitjob organisiert kriegt. Auch ihre Begegnungen mit verschiedenen Autoren erzählt sie uns. Ich finde das alles wahnsinnig interessant und lese das Buch fast ohne Unterbrechungen durch. Es fesselt mich ungemein.
Als Webdesignerin lese ich gespannt die Episode, wie ihre Webseite entstanden ist und ich verlasse mein kuscheliges Bett, um den Rechner wieder anzuschmeißen. Ohne die Webseite gesehen zu haben, kann ich nicht schlafen! Ich finde sie sehr gelungen und kann den Hartliebs zur Ihrer Entscheidung nur gratulieren. Ich kenne nur noch sehr wenige Buchhandlungen, die so einen individuellen Webauftritt haben. So persönlich. Da schaue ich demnächst häufiger vorbei. Wenn ihr auch mal einen Blick werfen wollt, einfach hier klicken.
Frau Hartlieb schreibt so erfrischend und ehrlich, dass man ihr jedes Wort glaubt. Ihre Spontanität ist einfach unglaublich und ihre Leidensfähigkeit ebenso. Es ist schön zu hören, wie sie mit Menschen umgehen kann. Seien es Kunden, Angestellte oder Bauarbeiter. Sie ist in der Lage, um Hilfe zu bitten und sie hat unglaublich hilfsbereite Menschen um sich herum, die immer mal einspringen, wenn Hilfe gebraucht wird.
Und wie jede Buchhandlung muss sie gegen den „Großen Buchhändler“ mit A am Anfang kämpfen. Und das tut sie mit ihrer ganzen Kraft. Für mich erschütternd zu lesen war die Tatsache, dass wirklich viele Menschen glauben, dass es Bücher im Internet günstiger und schneller gibt.
Ich selber habe schon seit Jahren kein Buch im Internet gekauft und gehe immer wieder gerne in „meine“ Buchhandlung in meinem Wohnort. Auch ich kämpfe gegen Lehrer, die ihren Schülern sagen, dass sie die Schullektüre im Internet kaufen können und versuche meine Mitmenschen zu überzeugen, dass man die ansässigen Läden unterstützen sollte.
Sollte ich einmal nach Wien kommen, werde ich sicher „diese wundervolle Buchhandlung“ besuchen.
Ich werde ab jetzt noch mehr Hochachtung vor allen Verkäufern haben, die ein Weihnachtsgeschäft zu wuppen haben. Meine Bücher habe ich schon immer sehr zeitig gekauft, ab jetzt werde ich noch zeitiger daran denken. Vielleicht sollten wir unsere Buchempfehlungen auf diesem Blog für Weihnachten auch schon Anfang November machen?
Ein signiertes Exemplar dieses Buch verlosen wir übrigens am „Tag des Buches“ im Rahmen „Blogger schenken Lesefreude“.
Petra Hartlieb, Meine wundervolle Buchhandlung, 208 Seiten, Hardcover, ISBN 978-3-8321-9743-8,EUR 18,00 [D], Dumont-Verlag
Ja, von einer eigenen Buchhandlung (am liebsten mit angeschlossenem Cafe…) träume ich auch und nach dieser tollen Rezension habe ich jetzt wirklich Lust auf das Buch bekommen.
Wenn ich „richtige“ Bücher kaufe, kaufe ich diese auch nur in unserer Buchhandlung vor Ort, wobei ich mittlerweile aber viel auf meinem E-Book-Reader lese (wogegen ich mich vor ein paar Jahren noch sehr gewehrt habe), einfach, weil ich viel abends/nachts im Bett lese und da ist es unglaublich praktisch, weil mam zum Lesen kein Licht anmachen muss und somit auch niemanden stört.
Das hier vorgestellte Buch fällt aber eher in die Kategorie „will ich in der Hand haben und auch ins Regal stellen können“.
Liebe Grüße und ein schönes Wochenende,
Kerstin M.
Ich kaufe mir nach einem Ebook – die meisten leihe ich mir in der Bücherei- auch häufig die Druckausgabe. Manche Bücher muss ich einfach im Regal haben.
Habe mir das Buch vor zwei Tagen gekauft und bin begeistert. Sehr schön und symphathisch geschrieben. Danke für den Tipp.
Kerstin M.
Danke für die Rückmeldung. Freut mich, dass es Dir gefällt. LG