Elena Ferrante: Finale der Neapel Saga, Hörbuch
Donnerstag, 22. März 2018
Die Geschichte des verlorenen Kindes
Mit diesem Band schließt Elena Ferrante ihre Tetralogie über das Leben der beiden Frauen Lila und Elena ab. Dieser Band führt bis fast in die Gegenwart. Wieder habe ich mich für die Hörbuchausgabe entschieden und es auch diesmal nicht bereut.
Inhalt
Elena und Lila werden fast gleichzeitig schwanger. Beide leben in Neapel. Lila weiterhin mit Enzo und Elena versucht mit ihrem geliebten Nino glücklich zu werden.
Sie bekommen im Abstand von nur ein paar Wochen beide Mädchen, die sie auch beide nach ihren eigenen Müttern benennen. Lilas Tochter heißt Nunzia und wird Tina gerufen. Elenas dritte Tochter Imma, von Immaculata. Beide Familien wohnen in einem Haus. Die zwei Frauen erleben schöne Zeiten zusammen. Die Freundschaft lebt wieder richtig auf. Zum ersten Mal verstand ich, warum sie überhaupt befreundet sind. Sie führen gute Gespräche, gehen spazieren, helfen einander.
Doch irgendwann kommen wieder Probleme zwischen ihnen hoch. Doch genauer möchte ich darauf nicht eingehen, welches Kind wie verloren geht solltet ihr selbst hören/lesen.
Rione
Inzwischen habe ich von Erika Mager, die länger in Neapel gelebt hat, gelernt, dass Rione kein Name für ein bestimmtes Stadtviertel ist, sondern einfach nur Viertel bedeutet. Es gibt also verschiedene Riones in Neapel. Ich denke, Ferrante hat sich hier gezielt bedeckt gehalten.
Lila und Elena wohnen beide wieder im Viertel ihrer Kindheit. Doch so wie die beiden Frauen nicht mehr die alten sind, ändert sich auch der Stadtteil. Jetzt geht es nicht mehr um Schlägereien, sondern es wird scharf geschossen. Alte Geschäfte schließen. Ehemals Wohlhabende werden arm. Arme noch ärmer. Familien leben sich auseinander, andere rücken wieder enger zusammen. Das Stadtviertel steht zwischen Tradition und Modernität.
Nino
Elena hat sich endlich Nino geschnappt. Glaubt sie. Er zahlt ihr eine Wohnung, sie bekommt ein Kind von ihm (Imma). Doch Nino macht wie immer was er will. Er hat viele Geliebte, seine Frau hat er auch nie verlassen. Ich kann nicht verstehen, warum Elena sich nicht von ihm losreißen kann. Warum spielt diese intelligente Frau die Mätresse? Dieses ganze hin und her über eine längere Passage des Romans ging mir ehrlichgesagt auf den Geist. Umso mehr habe ich mich richtig gefreut, als am Ende der ältere Nino noch mal ins Bild kam. Nach einer gescheiterten politischen Karriere ist er alt, dick und geschwätzig geworden. Eine schöne Szene, die ich mir sehr gut vorstellen konnte.
Eva Matthes
Ich bin sehr froh, dass der Hörverlag dieser Sprecherin über die gesamte Reihe der Hörbücher treu geblieben ist (und andersherum). Es hat sich für beide gelohnt: Eva Matthes bekam im März den Sonder-Hörbuchpreis verliehen.
Natürlich hat sie auch viele, viele andere Hörbücher eingelesen, doch gerade hier passte die Stimme, die Betonung einfach perfekt zum Inhalt. Klagten einige Leser doch über Längen in den Vorgängerbüchern, trug mich Matthes Stimme über alles hinweg.
Fazit
Ich muss zugeben, dass ich diesen vierten Band als zu lang empfand. Vielleicht wäre eine weitere Aufteilung dem Buch gut bekommen. 17 Stunden wollen erstmal gehört werden. Ich brauchte fast drei Wochen dafür. Doch die zum Teil recht dramatischen Ereignisse und die schönen Beschreibungen der innigen Freundschaft wogen das wieder auf. Insgesamt ist dieser Romanzyklus nicht nur die Geschichte einer Freundschaft, oder die Lebensgeschichte zweier Frauen, sondern auch ein gutes Stück europäischer Geschichte von den 1950igern bis heute. Vor allem die Einblicke in die Studentenunruhen (das war nicht in diesem Band), den Literaturbetrieb und die beginnende Informationstechnologie interessierten mich sehr. So bin auch ich ganz dem Ferrante-Fieber erlegen.
Um für mich die Hintergründe näher zu beleuchten liegt jetzt ein Essay über die Welt der Ferrante aus dem Launenweber Verlag auf meinem Nachttisch.
Hier noch meine weiteren Besprechungen der Reihe:
Geschichte der getrennten Wege
Infos zum Hörbuch
Die Geschichte des verlorenen Kindes Elena Ferrante Übersetzung: Karin KriegerGesprochen von Eva Matthes Laufzeit: 1025 Minuten der Hörverlag ISBN: 978-3-8445-2584-7 |
Liebe Silvia,
danke, dass Du mich erwähnst. Ich muss jedoch korrigieren: Elena Ferrante hat schon sehr deutlich gemacht, welches Rione sie meinte. Es ist das Rione Luzzatti hinter dem Tunnel hinter dem Centro Direzionale di Napoli.
Was ich genau sagen wollte, ist, dass in der Übersetzung so getan wird, als sei „Rione“ der Name eines Viertels – es ist aber eben nur das Wort für Viertel. Ich finde, das kommt nicht gut heraus – in der Übersetzung.
Hallo Erika,
Danke für deine Korrektur.
Das habe ich im Messetrubel wohl nicht richtig verstanden.
Wenn wir uns mal wieder treffen, würde ich mich freuen, wenn du mehr von Neapel erzählen würdest.
Liebe Grüße
Silvia
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