Grégoire Delacourt: Die vier Jahreszeiten des Sommers
Sonntag, 11. September 2016
Die Dichterin sah auf ihr Buch. Der Bankier sah aufs Meer. Ihre Blicke trafen sich nicht mehr. Die Ernüchterung hatte gesiegt, hatte die Lust vergiftet.
Wer hätte das gedacht? Dass sich in diesem kleinen Büchlein mein zweites Jahreshighlight verbergen würde. Nie hätte ich damit gerechnet, ich hatte ein langweiliges, oberflächliches und kitschiges Buch erwartet. Aber das Cover ist einfach zu schön, und eine Geschichte am Meer reizt mich ja immer. So musste ich es also unbedingt anlesen.
Je mehr ich las, desto schöner wurde es. Die poetische Sprache, vier Liebesgeschichten, die nie ins Kitschige abdriften.
Inhalt
14. Juli 1999 in Le Touquet in Nordfrankreich. In 4 Abschnitten erzählt der jeweilige Icherzähler von unterschiedlichen Beziehungen. Da ist der 15jährige Teenager, der auf seine Angebetete hofft, die 35jährige Frau, die kein Glück mit den Männern hat und immer noch auf die eine glückliche Beziehung hofft. Da ist die Frau in den Fünfzigern, die ihr Leben neu ordnen muss, nachdem die Kinder aus dem Haus sind. Und das alte Ehepaar, das bereits seine goldene Hochzeit feiern durften. Vier Stationen im Leben, wie sie vielleicht schon der eine oder andere kennengelernt hat.
Alle diese Menschen weilen am 14. Juli in dem kleinen Ferienort, kennen sich nicht, begegnen sich aber rein zufällig. Immer nur am Rande. Aber das macht die Geschichte sehr lesenswert.
Während der 4 Episoden wird in kurzen Sätzen das ganze Leben der jeweiligen Hauptpersonen geschildert. In kurzen, teilweise abgehackten Sätzen.
Wie haben nie von Liebe gesprochen. Es war ein Wunder, dass wir die Kriegsjahre überlebt hatten, dass wir davongekommen waren und uns wiedergefunden hatten. Das war unser Liebesband. … fürchteten wir uns vor allem, was man verlieren kann, und Liebesworte sind die vergänglichsten, die es gibt.
Es war keine Liebe auf den ersten Blick wie in der Literatur. Wir hatten vor allem weniger Angst zusammen, wir dachten, wir würden weniger schnell untergehen, wenn wir zu zweit sind.
Sprache
Die Sprache der Blumen spielt eine große Rolle. Wunderschön in diesem Buch integriert. Auch das ist das Besondere an diesem kleinen Büchlein.
Der Autor ist sprachlich brillant, wortreich, berührend und nicht kitschig dabei.
Meinung
Mich hat dieses Buch einen Tag den Sommer spüren lassen. Meer, Strand, Dünen, Ebbe und Flut. Für mich ein ultimatives Sommerbuch, das perfekt zum Verschenken geeignet ist. Für Meerliebhaber, aber auch für Blumenliebhaber. Und da nun auch der Sommer zurückgekehrt ist, ist gerade eine gute Zeit, um dieses Buch in der Sonne zu lesen.
Ich kannte den Autor bisher nicht, aber vielleicht ist es eine gute Idee, mir auch seine bisherigen Werke anzusehen.
Allerdings frage ich mich, ob der Autor bei der Pimpernelle irgendwas falsch interpretiert hat, das kommt mir etwas merkwürdig vor.
Und falls Euch noch interessiert, welches seit Monaten mein Jahreshighlight ist. Das ist Blauschmuck.
Grégoire Delacourt, Die vier Jahreszeiten des Sommers, ISBN: 978-3-455-60041-4, Atlantik, 192 Seiten, Übersetzung: Claudia Steinitz
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