Lesen auf Langeoog
Samstag, 17. Oktober 2020
Erholungsurlaub mit Büchern
Urlaubstechnisch war es ja für alle ein schwieriges Jahr. Deshalb freuten wir uns doppelt auf eine Erholungswoche auf Langeoog. Zu zweit in einem netten Hotel. Wir waren sehr glücklich, dass es wirklich klappte. Ich kann mich doch woanders besser erholen, als wenn ich in den eigenen vier Wänden Urlaub mache. Und ein besonderer Höhepunkt für mich war die Möglichkeit, hier auf der Insel Ausritte am Strand zu machen. Das gibt einfach ein unheimliches Gefühl von Freiheit! Mit diesem Beitrag beteilige ich mich an der Aktion Samstagsplausch von Andrea Karminrot.
Bov Bjerg: Serpentinen
Wie immer haben wir uns auf ein Hörbuch für die Fahrt geeinigt. Serpentinen haben wir ausgesucht, weil es ca. 6 Stunden Laufzeit hat. Ideal für die Fahrt von Köln an die Nordsee und zurück. Hat ganz genau für die Autobahnabschnitte gereicht. 500 m vor dem Ziel hörten wir den letzten Satz.
Das Buch hat mich aufgewühlt, verstört und auch verwirrt. Der versierte Sprecher Robert Stadlober war prima, aber das Buch selbst hätte ich doch lieber selbst gelesen.
Die Geschichte eines depressiven Mannes, der mit seinem kleinen Sohn dorthin fährt, wo er aufgewachsen ist, lebt von vielen Zeitsprüngen. Gerade diese konnte ich im Hörbuch aber nicht immer gut nachvollziehen. Gerne hätte ich ab und an zurückgeblättert, um einzelne Abschnitte erneut zu lesen und sie unter neuen Zusammenhängen zu erfassen. Vielleicht höre ich es erneut, oder ich lese das Buch. Gegenüber Auerhaus vom selben Autor fand ich diese Geschichte recht komplex und ungeheuer vielschichtig.
Ragnar Jónasson: Die Insel
Den ersten Teil dieser Trilogie „Dunkel“ habe ich im September gelesen. Island finde ich ja immer gut. Die Idee hinter dieser Trilogie ist auch sehr ungewöhnlich: sie werden von hinten erzählt. Dieser zweite Teil spielt ca. 10 Jahre vor dem ersten. Das ist eine interessante Konstruktion.
Allerdings empfinde ich insbesondere diesen Teil sprachlich nicht gelungen. Trotzdem will ich den dritten Teil „Nebel“ natürlich auch noch lesen und möchte sehen, ob sich mir der Grund für die Erzählweise dann erschließt. In „Insel“ ist die isländische Kommissarin Hulda mit einem Todesfall auf einer einsamen Insel beschäftigt. Dabei rollt sie einen älteren Fall auf. Gut finde ich, dass man hier eine andere Seite von Island kennenlernt. Nicht nur die Touristenfassade. Obwohl die Schönheit der Landschaft immer wieder betont wird. Der Titel des Buches passte einfach auch zu gut zu meinem Urlaub auf einer Insel.
Column McCann: Apeirogon
Empfohlen hat mir das Buch Petra von Literaturreich. Ich habe es mir gekauft und aufgrund des Gewichts für den Urlaub zurückgehalten.
Wow! Was für ein Buch. Ich kann Petras Begeisterung voll und ganz nachvollziehen. Es ist die Geschichte eines Israelis und eines Palästinensers, die beide eine Tochter durch einen Gewaltakt verloren haben. Sie ziehen gemeinsam durch die Welt, erzählen ihre Geschichten und versuchen dadurch auf ein Ende der Besatzung Palästinas durch Israel hinzuwirken. Denn nur so kann ihrer Meinung nach Frieden einziehen.
Immer wieder werden die Empfindungen und Geschehnisse an den Tagen, an denen ihre Töchter getötet wurden, angesprochen. Dadurch wird klar: das kann man einfach nie vergessen als betroffener Elternteil. Das geht echt unter die Haut. Das Buch besteht meist aus kleinen Abschnitten, die sich nach und nach zu einem ganz großen Ganzen zusammenfügen. Dabei springt McCann zwischen Zeiten, Völkern, Seiten und Sujets hin und her. Aber jeder Ball wird aufgefangen und mit anderen Teilen verbunden. So bildet sich ein Apeirogon, eine Figur mit einer zählbar unendlichen Zahl von Seiten, also fast ein Kreis. So bekomme ich Einblick in beide Seiten dieses Konflikts.
Dieses Buch gehört sicher zu den zwei besten, die ich dieses Jahr bisher gelesen habe. Das zweite Buch auf dieser kurzen Liste ist übrigens Herzfaden von Thomas Hettche.
Frank Göhre: Verdammte Liebe Amsterdam
In zwei Worten: kompakt und hart. Der Autor hat einige Jahre gebraucht, um einen neuen Roman vorzulegen. Ein Mann stirbt, dessen Bruder versucht herauszufinden was passiert ist. Es geht um alte Rechnungen, Unterwelt, große Liebe, Prostitution und vieles mehr. Wie hat Göhre es nur geschafft auf sowenig (168) Seiten so viele Themen, Orte und Personen unterzubringen?
Trotz der Straffheit des Krimis hatte ich ein super Kopfkino und zu den in wenigen Sätzen beschriebenen Menschen direkt ein Bild im Kopf.
Spannend, temporeich und ein wunderbarer Schlussabsatz. Ich muss unbedingt mehr von Göhre lesen.
An die Niederlande fühlte ich mich auch auf Langeoog erinnert. Denn auf der autofreien Insel flitzen auf jedem Weg, jeder Straße viele Fahrradfahrer hin und her.
Beate Rygiert: Die Pianistin
Ihr kennt mein Faible für Klavier-Literatur. Der Aufbau Verlag hat eine Reihe mit Büchern über Frauen in der Kunst. Das finde ich klasse. So gibt es zum Beispiel dort auch noch Romane über George Sand (die auch in diesem Buch erwähnt wird) und Frida Kahlo. Das finde ich von der Idee her super. Doch schon der Untertitel von „Die Pianistin“ hätte mich warnen müssen: „Clara Schumann und die Musik der Liebe“. Dieser Roman ist mir einfach zu romantisch.
Das Buch liest sich schnell weg, aber Clara wird hier oft auf ihre romantischen Gefühle zu Robert Schumann reduziert. Es wird zwar auch klar, wie schwer es für eine Frau in dieser Zeit war, sich an die Spitze der Pianisten zu spielen. Und auch vor allem wie wenig Rechte eine Frau hat. Erst sind Frauen das Eigentum des Vaters, dann des Mannes. Aber etwas weniger Schmonzette wäre mir lieber gewesen. Doch toll ist die Erwähnung der Musikstücke und die vielen, vielen Künstler die sie trifft. Es kommt auch gut raus, dass sich in dieser Zeit ein Umschwung der Musik anbahnte. Für uns ist das alles irgendwie Klassik, doch damals waren einige Stücke revolutionär neu.
Schöner Urlaub!
Ein Urlaub auf Langeoog ist ganz wunderbar um zu Entspannen. Die Arbeit und der Alltag erschienen ganz weit weg. Wir haben uns gut erholt. Es gibt dort schöne Landschaften und gute Restaurants zu entdecken. Das Highlight für mich war die Möglichkeit nochmal am Strand auszureiten.
Ich hatte viel Zeit zum Lesen, ob im Hotelzimmer oder auf einer der vielen Bänke. Denn obwohl schon Oktober war, konnte man immer wieder in der Sonne draußen sitzen und sich den Wind um die Nase wehen lassen.
Danke für die Einblicke. Es gibt so viele Bücher. 🙂 Liebe Grüsse von Regula, die auch besser ausruhen kann, wenn sie nicht zu Hause ist. Da gibt es soviel zu tun.
Hallo Regula,
Ja, die Aufgaben zu Hause sind das Problem.ich habe zwar kein Problem alles liegen zu lassen, doch dann überkommt mich schlechtes Gewissen und dann finde ich auch keine Erholung.
Alles Gute
Silvia
Eine facettenreiche Auswahl von Büchern respektive Hörbüchern. Die ich im Einzelnen noch näher betrachten möchte… nicht bloß überfliegen. Eingangs die Geschichte des depressiven Mannes jedoch würde ich sofort stehen lassen – die Realität reicht mir im Moment.
Ferien auf Langenoog… ja, das fände ich jetzt auch schön.
Herbstbunte Grüße von Heidrun
Hallo Heidrun,
Ja, das war echt schön und erholsam.
Nächstes Jahr versuchen wir es vielleicht mal mit einer anderen dieser Inseln.
Viele liebe Grüße
Silvia
Donnerwetter! Hast du alle Bücher auf Langeoog gelesen? Auf jeden fall sage ich Danke für die Tipps…die Reihe, die berühmte Frauen darstellt, kenne ich auch…und habe auch schon einige nach wenigen Seiten beiseite gelegt…
Liebe Grüße
Augusta
Hallo Ingrid,
Inzwischen habe ich das Buch über Clara ausgelesen. Das Nachwort der Autorin hat mich erstaunt. Sie ist selbst Musikwissenschaftlerin und hat viel recherchiert. Ich denke als romantisches Buch verkauft es sich einfach besser.
Alles Gute
Silvia
Liebe Silvia,
die Bücher kannst du doch unmöglich während eines Urlaubs gelesen haben! Allein der McCann ist doch ziegeldick!
Der steht auch schon hier im Regal. Wollte ich ja eigentlich auch in den herbstferien im Urlaub lesen. Wir haben uns aber nicht getraut, auf Reisen zu gehen, denn als wir los wollten, da waren wir schon Risikogebiet. Und wenn dann Zeit zu Hause ist, kann man ja auch gleich mal das Wohnzimmer streichen. Und die Küche hätte es ja auch nötig…
Trotzdem: auf den McCann freue ich mich, nach Petras und deinem Lob ganz besonders. Und irgendwann ist dafür auch Zeit. Spätestens in den Weihnachstferien :-).
Viele Grüße, Claudia
Hallo Claudia,
Haus der Namen hatte ich schon vorher begonnen, das. Ich über Clara Schumann habe ich in der Folgewoche ausgelesen. Du kannst also ruhig ein Buch abziehen. Ansonsten habe ich mir einfach viel Zeit dafür genommen.
Dir wünsche ich ein gutes Leseerlebnis mit Apeirogon!
Alles Gute
Silvia