Rezension: Das geträumte Land – Imbolo Mbue
Donnerstag, 16. Februar 2017
New York. Zwei Familien wie sie kaum unterschiedlicher sein könnten.
Die Edwards sind wohlhabend mit Luxuswohnung, Sommerhaus und Angestellten. Die Jongas stammen aus Kamerun, haben keine Greencard, aber viele Träume.
Da ergattert Jende Jonga einen Job als Chauffeur bei den Edwards. Endlich ein gut bezahlter, sicherer Job! Jendes Frau Neni kann weiter ihren Plan für ein Pharmaziestudium verfolgen, der Sohn Liomi macht sich gut in der Schule. Als Neni wieder schwanger ist, scheint das Glück vollkommen. Jetzt fehlt nur noch die Greencard.
Clark Edwards ist Manager bei den Lehman Brothers (2008) und arbeitet 80 Stunden pro Woche. Seine Frau Cindy gibt Parties, lebt im Luxus, nimmt Tabletten und trinkt viel. Der älteste Sohn will aussteigen, der kleine Migthy möchte mehr mit seinem Vater machen.
Durch die Jobs (Neni arbeitet auch ein paar Sommerwochen bei den Edwards) wissen die Jongas viel über die Edwards. Das bringt große Probleme, als Jenga seine Loyalität beiden gegenüber beweisen soll, was sich aber leider gegenseitig ausschließt.
Was ist Glück?
In beiden Familien ereignen sich im Zuge der dem Börsencrash folgenden Ereignisse Katastrophen, mit denen sie sehr unterschiedlich umgehen. Dabei suchen alle nur das Eine: etwas Glück.
Und trotzdem trauerten überall im Land die Weiden um die vielen hinweggewehten Träume.
Im Buch wird keine Schwarz-Weiß-Malerei betrieben. Die aus Kamerun stammende Familie versteht sich zwar eher auf Lebensfreude, macht aber auch vieles, was einfach nicht in Ordnung ist, wenn es auch aus Verzweiflung geschieht. Es geht viel um Werte, aus denen man Zufriedenheit ziehen kann. Ganz oben stehen Familie und Heimat. Für beide Familien. Das ist keine neue Aussage, ich weiss. Aber interessant ist an dem Buch, wie diese ganz unterschiedlichen Leben gegenübergestellt und verknüpft werden.
Träume
Es wird auch um Verständnis für Wirtschaftsflüchtlinge geworben. So stellt Jende die Gründe dar, warum er unbedingt in den USA leben will:
Weil mein Land nicht gut ist… Wäre ich in meinem Land, wäre nie etwas aus mir geworden. Dann wäre ich ein Niemand. Dann wächst mein Sohn auf und ist arm wie ich. So wie ich arm war wie mein Vater.
Auch später wird klar, dass USA für viele als Land der unbegrenzten Möglichkeiten gilt und die Stadt New York einen unentrinnbaren Sog auswirkt.
Für sie war Amerika Synonym für Glück
Jende und Neni erträumen sich ein schönes Leben in den USA und versuchen mit allen Mitteln ihren Traum zu verwirklichen, übersehen dabei aber die Realität.
Um dieses Ziel, ein Leben ohne finanzielle Probleme, zu erreichen, geben die Jendes alles. Als alles ganz schlimm wird, ist Neni sogar zu einer Scheinehe und einer Adoption ihres Sohnes bereit. Daran wird klar, wieviel sie sich von einer amerikanischen Staatsbürgerschaft verspricht.
2008/2009 ist nicht nur die Zeit des Börsenchrashs und der folgenden Wirtschaftskrise, sondern auch die Zeit des Wahlkampfs und der Machtübernahme durch Obama, in den die Jongas natürlich viel Hoffnung setzen. Auch Donald Trump wird erwähnt und der schon prophetische Satz:
Ich sage dir, irgendwann kommen gar keine Mexikaner mehr über die Grenze.
Frauenbild
Das hat mich schon etwas erschreckt. Die reiche amerikanische Frau führt kein selbstbestimmtes Leben und die Arme aus Kamerun schon mal gar nicht. Dort hat eine Frau ihrem Mann zu folgen, ihn zu bedienen und seine Wünsche von den Lippen abzulesen und seine Entscheidungen nicht in Frage zu stellen. So ist der große Traum von Neni ein selbstbestimmtes Leben zu führen, wie es in Kamerun für sie nicht möglich ist.
Die Frauen sind die Verlierer. Bei den Jendes und den Edwards.
Die Autorin
Imbolo Mbue weiß in ihrem Debüt wovon sie schreibt. Stammt sie doch auch aus Limbe, einer Stadt in Kamerun. Auch die Jongas kommen aus Limbe. Mbue studierte in den USA und lebt dort seit 10 Jahren.
Fazit
Das Leben der beiden Familien könnte nicht unterschiedlicher sein und doch verbindet sie vieles. Irgendwie haben alle den gleichen Traum: eine Familie, ein Zuhause und ein wenig Glück. Beide Familienväter brauchen schwere Schicksalsschläge, um ihr eigenes Glück zu finden.
Das Buch hat mich gleich gepackt, die unterschiedlichen Lebensweisen und die Art, wie die verschiedenen Personen mit Problemen umgehen fand ich spannend. Es gab mir einen Einblick in die Kameruner Lebensart. Es werden mehrere Seiten beleuchtet und gezeigt, dass es in jeder Familie, egal ob arm oder reich Probleme und Katastrophen gibt. Geld macht nicht glücklich, Armut aber sicher auch nicht.
Bibliographie
Imbolo Mbue
Das geträumte Land
In einer Übersetzung von Maria Hummitzsch
432 Seiten
Kiepenheuer & Witsch
ISBN: 978-3-462-04796-7
Preis 22,00 € [D], gebundene Ausgabe
Hallo,
Das hört sich nach einem interessanten Buch an und es freut mich das es dir so gut gefallen hat.
LG Sonja
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