[Rezension] Die Liebe im Ernstfall
Sonntag, 7. April 2019
Der neue Roman von Daniela Krien
Bei dem Titel hatte ich etwas Angst. Sollte dieser Roman eine kitschige Liebesgeschichte werden? Nein, meine Angst war unbegründet. Als Liebesroman geht dieses Buch ganz sicher nicht durch!
Der Mangel an Menschenkenntnis und Lebensklugheit ließ überkonstruierte, unglaubwürdige Figuren und Handlungen entstehen
Dieses Zitat bestätigt sich in diesem Buch nicht. Im Gegenteil. Die Autorin hat 5 Protagonistinnen zum Leben erweckt die allesamt sehr überzeugend sind.
Paula
Paula ist Buchhändlerin, hat einen Mann und zwei Töchter. Als die zweite Tochter noch im Babyalter stirbt, gerät ihr Leben aus den Fugen.
Judith
Judith ist Paulas Freundin. Sie kennen sich schon ihr Leben lang, obwohl sie völlig verschieden sind. Judith ist eine engagierte Ärztin mit eigener Praxis, aber ohne Mann. Dafür mit Pferd und mit einem ausgeprägten Hang zur klassischen Musik. Ihre Leidenschaft für Online-Dating-Portale ist bemerkenswert.
Brida
Brida kennt Judith als Ärztin. Sie werden Freundinnen. Aber sie tun sich nicht gut. Brida ist Schriftstellerin, mit allen Höhen und Tiefen. Sie hat einen tollen Mann, tolle Kinder, aber nie genug Zeit für das, was sie im Leben tun möchte.
Ob sie jemals daran gedacht habe, zu viel zu wollen, fragte er dann, und seine Stimme zitterte. Ob sie glaubt habe, man könne alles haben, ohne Verzicht, ohne Beschränkung? Ob sie ernsthaft gedacht habe, sich Kinder und Kunst und Kultur und Freunde und Mann und Sex und Zeit zum Lesen und Zeit zum Nichtstun und spontane Fluchten und wer weiß was noch alles nehmen zu können, ohne einen Preis zu bezahlen?
Malika
Der Mann, den sie liebt, ist inzwischen mit Brida verheiratet. Sie war glücklich mit ihm, bis die neue Frau auf der Bildfläche erschien. Seitdem ist sie allein und verbittert
Jorinde
Die kleine Schwester von Malika. Das Lieblingskind der Eltern. Der Sonnenschein der Familie und die starke Konkurrentin der Schwester.
5 völlig unterschiedliche Frauen
5 Frauen, die nichts oder wenig miteinander zu tun haben. Alle bekommen in etwa die gleiche Aufmerksamkeit in diesem Roman. Als mir klar wird, wie dieses Buch aufgebaut ist, überlege ich, welche Person als nächstes kommt. Leider liege ich falsch. Mit den beiden letzten Frauen habe ich nicht gerechnet.
Ich habe mir eine kleine Skizze gemacht, um dieses Buch besser in Erinnerung zu behalten.
Auf der Buchmesse hat Ingrid Noll gesagt: „Wir haben uns unser Leben doch selbst eingebrockt“. Sie hat nie andere Menschen um ihr Leben beneidet, weil es vermeintlich besser oder glücklicher war als ihr eigenes. An diesen Satz musste ich während des Lesens von „Die Liebe im Ernstfall“ häufig denken. Wieviel Anteil haben wir wirklich an unserem Leben? Können wir es selbst bestimmen? Oder wird es uns schon so in die Wiege gelegt?
Wie sieht es mit der Liebe aus? Gibt es Situationen in einer Ehe oder Beziehung, die unüberwindbar sind und die gemeinsame Zeit dadurch beendet werden muss. Oder sollte man alles verzeihen? Daniela Krien hat eine Menge Probleme in ihr Buch einfließen lassen. Man könnte den Eindruck bekommen, dass diese hauptsächlich von den Männern herrühren, aber das wäre wohl zu einfach. Schließlich kommt im Buch keiner der Männer zu Wort, um seine Sicht der Dinge zu erläutern. Das wäre für mich eine willkommene Fortsetzung, die ich sehr gerne lesen würde. Es ist selten, dass ich mir nach der Lektüre eine wünschen.
Da die Geschichte aus den unterschiedlichen Sichtweisen häufig ganz anders rüberkommt, gefällt mir die damit verwobene Erzählweise wirklich gut.
Der Klappentext vermittelt den Eindruck, dass es sich um eine ostdeutsche Geschichte handelt, da alle Protagonisten den Mauerfall hautnah miterlebt haben. Diese Verbindung konnte ich leider gar nicht wiederfinden. Alle Protagonisten leben zwar in Leipzig, aber diese Episoden könnten genauso im Westen spielen.
Daniela Kriens Schreibe gefällt mir sehr. Sie hat eine kurze, prägnante Ausdrucksweise, die mir liegt. Es gibt keine langweiligen Ausschweifungen, die mich dazu verleiten, mal ein paar Absätze zu überspringen. Ich fühlte mich sehr gut unterhalten.
Fazit
Daniela Krien schreibt in ihrem 3. Buch „Die Liebe im Ernstfall“ über 5 sehr unterschiedliche Frauen, die alle irgendwie miteinander verwoben sind. Alle haben ihre großen und kleinen Probleme, mit keiner der Frauen möchte der Leser tauschen. Ein Buch, dass mich noch länger gedanklich begleiten wird.