Interview mit Ursula Knoll
Mittwoch, 8. Februar 2023

Debütautorin
Ursula Knolls Debütroman Lektionen in dunkler Materie wurde im österreichischen Verlag Edition Atelier aufgelegt.
Ursula Knoll studierte unter anderem in Wien, Prag und Washington DC. Sie promovierte im literaturwissenschaftlichen Bereich. Ursula ist geborene Wienerin und lebt auch jetzt dort. Neben ihrer schriftstellerischen Karriere arbeitet sie als Lektorin.
Eine Rezension zu ihrem ersten Roman habe ich bereits veröffentlicht.
Ursula war so nett mir meine Fragen per Mail zu beantworten.
Anfang
Wie bist du ans Schreiben gekommen?
Ursula Knoll: Schreiben wollte ich schon immer. Angefangen hat alles am Theater, in einer Meisterklasse für Jungdramatiker*innen am Wiener Burgtheater, das ist jetzt beinah zwanzig Jahre her. Dort und bei den wiener wortstaetten, einem Theaterautor*innenprojekt, habe ich das Handwerk gelernt. Wie baut man eine Figur, einen Spannungsbogen, einen Plot? Wo steigt man in die Szene ein, wo steigt man aus? Wie überarbeitet man einen Text, bis die Kernaussage stimmt? Daneben habe ich mir in meinem Literaturwissenschaftsstudium viel Theoretisches über das Schreiben, das Lesen und die Literatur angeeignet. Für das Theater habe ich kontinuierlich geschrieben, dazwischen auch Kurzprosa und Essays. Lange wollte ich einen Roman schreiben, aber mir ist nichts eingefallen. Und dann, mit Ende dreißig, in der Elternzeit, waren sie plötzlich da: der Stoff und der Mut, es zu versuchen.
Arbeitszeit
Wie lange hast du an deinem Debütroman gearbeitet?
Ursula Knoll: Zwei Jahre habe ich über das Thema und die Figuren gebrütet, den Stoff zuerst als dramatischen Text versucht. Das hat nicht wirklich überzeugt. Mit Wechsel auf die Prosa nahm die Geschichte plötzlich Fahrt auf. Tatsächlich geschrieben habe ich ein dreiviertel Jahr lang, während der paar Stunden, in denen mein Sohn bei der Tagesmutter war. Am Spielplatz am Nachmittag, beim Wäschewaschen oder am Fahrrad entwickelte ich die Geschichten, am Tag darauf schrieb ich weiter. Es war ein sehr unbeschwertes Projekt, weil ich plötzlich so viel mehr tun konnte als in den Theaterstücken. Ich musste mir ja keine Gedanken zur Umsetzung machen. Ein Unfall im All? Warum nicht? Eine Rückblende hier, ein Vorgriff da? Warum nicht? Aus der Perspektive eines Kindes erzählen? Warum nicht? Einen Prolog erfinden? Geht alles. Also habe ich einfach drauf losgeschrieben.
Verlagssuche
Wie hast du deinen Verlag gefunden?
Ursula Knoll: Tatsächlich kannte mich der Verleger Jorghi Poll schon von meinen Theaterarbeiten. So sind wir ins Gespräch gekommen, und ich musste nur noch offene Türen einrennen. Ein Glücksfall.
Soziale Medien
Für viele Autoren gilt immer noch „Blogger, die unbekannten Wesen). Wie ist dein Verhältnis zur Buchbloggerszene und sozialen Medien?
Ursula Knoll: Haha ja, ich lerne auch noch. Privat nutze ich keine sozialen Medien. Aber für das Buch habe ich mir nun einen Instagram-Account zugelegt, scrolle mich fleißig durch die Literaturblase und entdecke grad staunend, was es alles gibt.

Tipps
Hast du einen Tipp für andere Jungautor*innen?
Ursula Knoll: Ich fühle mich gar nicht in einer Position, Tipps zu geben. Aber was ich für mich gelernt habe: mir hat die Leidenschaft am Schreiben erhalten, dass ich mir einen anderen Brotberuf gesucht habe und nicht versuche, von der Literatur zu leben. So ist das Schreiben für mich ein Feld, in dem ich mich nicht korrumpieren lassen muss. Von Trends, unausgesprochenen Forderungen oder auch nur dem Stress, dass ich es tun muss.
Pläne
Wie sehen deine weiteren literarischen Pläne aus?
Ursula Knoll: Der zweite Roman ist gerade im Entstehen. Und dazwischen schreibe ich an einer neuen Tragikomödie fürs Theater mit meiner Schriftstellerkollegin Barbara Kadletz. Geschichten und Schmäh gehen uns zum Glück noch nicht aus.
Dank
Vielen Dank an Ursula Knoll für die Beantwortung meiner Fragen. Ich hoffe doch sehr, dass ihr die Geschichten noch lange nicht ausgehen.
Debütpreis 2022
Seit 2016 lobt der Blog Das Debüt einen Bloggerpreis für das beste Debüt des Jahres aus.
Die Bloggerinnen von Das Debüt lesen sich durch eine lange Liste mit dazu eingereichten Büchern und erstellen daraus eine Shortlist von fünf Titeln.
Diese werden dann von einer Jury aus anderen Literaturbloggern gelesen und beurteilt. An dieser Jury darf ich seit ein paar Jahren teilhaben. Seit der Pandemie haben wir dabei noch mehr Spaß, weil wir uns jetzt regelmäßig online treffen und über Literatur, insbesondere Debütromane reden. Ich hoffe sehr auf ein persönliches Treffen in Leipzig anlässlich der Buchmesse.
Lektionen in dunkler Materie von Ursula Knoll gehört zu der Shortlist für das beste Debüt von 2022.
Alle Bücher der Shortlist
153 Formen des Nichtseins von Slata Roschal
Liebe ist gewaltig von Claudia Schumacher
Ist hier das Jenseits, fragt Schwein von Noemi Somalvico
Lektionen in dunkler Materie von Ursula Knoll
Nordstadt von Annika Büsing
