Joachim Meyerhoff: Lesung und Rezension
Sonntag, 26. November 2017
DIE „ZWEISAMKEIT DER EINZELGÄNGER“ IN DER ELBPHILHARMONIE
Das neue Buch von Joachim Meyerhoff warf lange Schatten voraus. Noch nie habe ich mich schon im Juni mit einer Neuerscheinung beschäftigt, die erst im November in die Läden kommen sollte. Wie kam das?
Dazu muss man ein wenig verstehen was hier in Hamburg seit Monaten Gesprächsthema ist. Klar, die Elbphilharmonie ist schon seit Jahren das Thema Nr. 1 in Hamburg, aber inhaltlich hat es sich gewandelt. Man spricht nicht mehr über die Wahnsinnskosten. Seit der Eröffnung im Januar diesen Jahres geht es um was anderes. Nun fragt man ständig sein Gegenüber: Und, warst Du schon drin? Der Run auf dieses Konzerthaus ist der absolute Wahnsinn. Auf die Aussichtsplattform – die Plaza – zu kommen, ist für Hamburger kein Problem. Wir sind flexibel, nur wenn man an den Wochenenden zu bestimmten Zeiten kommen möchte, kann es immer noch knapp werden mit den Karten.
KARTEN FÜR DIE ELBPHILHARMONIE
Tja, aber Karten für ein Konzert zu bekommen, ist schon schwieriger. Es gibt viele Leute, die sich Stunden vor einem Kartenvorverkauf anstellen, um die begehrten Karten zu bekommen. Und es geht häufig gar nicht um ein Konzert, manchen Menschen geht es auch einfach nur darum, einmal in die Elbphilharmonie zu kommen. Egal, was gespielt wird.
Für mich stellte sich das Kennenlernen unseres neuen Wahrzeichens als schwierig heraus. Ich bin absolut unmusikalisch und mag daher auch nur ungern zu Konzerten gehen. Sehen wollte ich die Elbphilharmonie aber trotzdem gerne von innen.
Und als die Herbst-Vorschau vom Kiwi-Verlag bei mir reinschneite und ich dort las, dass Joachim Meyerhoff dort lesen würde, war für mich klar, dass ich mir das nicht entgehen lassen wollte. Karten zu bekommen war nach der Behebung von technischen Problemen relativ einfach. Meine Freunde staunten nicht schlecht, dass ich Karten für eine Lesung im großen Saal hatte. Das konnte sich niemand vorstellen, der schon einmal dort war!
So konnte ich mich im Juni schon auf einen Tag im Oktober freuen. Als der Tag dann da war, begann es ein toller Tag zu werden. Morgens lag noch Nebel über der Stadt, aber je näher wir der Elphi kamen, desto mehr kam die Sonne raus. Jeder Platz war belegt, es gab ein paar Willkommensworte vom Chef des Harbourfront Literaturfestivals und Olaf Petersen. Der Lektor von Meyerhoff war sichtlich beeindruckt, dass er in der Elbphilharmonie reden durfte. Er stimmte die Zuschauer auf die Lesung ein. Mit ein paar Worten fasste er die ersten drei Bände von „Alle Toten fliegen hoch“ zusammen und gab ein paar Ausblicke auf das neue Buch.
VON DER SCHREIBSTUBE AUF DIE GROSSE BÜHNE
Meyerhoff kommt direkt aus der Schreibstube auf die Bühne. Das Buch ist noch gar nicht in gedruckter Form auf dem Markt. Kein Buch steht auf dem Lesetisch! Noch nie habe ich das erlebt. Kein Büchertisch, keine Signierstunde!!
Der Bestsellerautor liest einige Passagen aus seinem neuen Buch „Die Zweisamkeit der Einzelgänger“. Die Stimmung in der Elbphilharmonie ist ausgelassen und allen macht es sichtlich Spaß, Meyerhoff zuzuhören. Wer seine Bücher kannte, war sofort wieder drin in der Geschichte, die nahtlos an das letzte Buch anschließt. Und wer seine Bücher nicht kannte, wunderte sich über den ausgelassenen Humor der Geschichte. Die, die nur dort waren, um die Elphi kennenzulernen, hatten sich ein ernsteres Buch vorgestellt!
3 Wochen später kommt endlich das Buch auf den Markt.
DAS BUCH
Meyerhoff war nach Beendigung der Schauspielschule an einem Theater in Kassel. Seine weiteren Stationen sind Bielefeld und anschließend Dortmund. Und endlich kommt auch die Liebe zu Meyerhoff. Nach den langen Jahren in München im Hause seiner Großeltern, wo er die Nächte im jungfräulichen Rosa Zimmer verbrachte, ist es an der Zeit.
Nun, in seiner eigenen Wohnung ändert sich das schnell. Er lernt Hanna kennen, ein kompliziertes, aber sehr liebenswertes Mädchen. Nach dem Umzug nach Dortmund hält er an der Beziehung fest, auch als Franka in sein Leben tritt. Beide Frauen sind grundverschieden und so genießt er sein Doppelleben in vollen Zügen.
Es war die Hölle – und dennoch! Und dennoch und dennoch, ich mochte es
Und als wenn das noch nicht genug wäre, tritt da noch die Bäckersfrau in sein Leben…
Nie hätte ich es für möglich gehalten, dass so viel Leben in so kurze Zeit passte
Fortsetzung in gewohnter Art und Weise
Die Zweisamkeit der Einzelgänger beschreibt in gewohnter Weise das weitere Leben des Joachim Meyerhoff. Immer noch hält er sich für den Schauspieler der nichts kann und für den Jungen aus der Provinz in Norddeutschland. Er erzählt von Episoden aus dem Theater. Als er mangels Können die einzige Sprechrolle in einem Musical erhält, er eine Ratte spielt, weil er sich eine als Haustier angeschafft hat und sie so faszinierend findet. Und immer wieder Geschichten aus seiner Kindheit und Jugend. Mit seinen Erinnerungen könnte er womöglich noch mehrere Bücher füllen. Seine Geschichten sind häufig chaotisch und absurd, aber erstaunlicherweise immer liebenswert.
Wie er über Monate hinweg (oder sind es gar Jahre?) schafft, die Doppelbeziehung bzw. Dreifachbeziehung zu bewältigen ist dem Leser schleierhaft. Natürlich gibt es immer wieder brenzlige Situationen, die er mit viel Einfallsreichtum zu bewältigen weiß. Der Leser nimmt es ihm nicht übel. Weiß er doch, dass das Buch ein Roman ist und die Erinnerungen des Joachim Meyerhoff auch viel Fantasie enthalten (müssen).
Glücklicherweise ist dieses Buch nicht in gleicher Weise gestrickt wie die anderen. Und dafür war ich dankbar. Immer wieder erwähnt Meyerhoff seine Toten, aber man hat auch das Gefühl, dass er sich mit seinem Schicksal arrangiert hat und daher ist der Band „Die Zweisamkeit der Einzelgänger“ der letzte in der Serie „Alle Toten fliegen hoch“. Die Leser dürfen gespannt sein, was als nächstes von Meyerhoff zu lesen sein wird. Denn eins ist sicher: das Schreiben macht ihm so viel Spaß, er wird sicher neuen Stoff finden.
Und jetzt noch einmal von vorn
Ich höre seit Beendigung des Buches noch einmal den ersten Band „Amerika“ als Hörbuch. Seine ersten beiden Bücher haben mir übrigens am besten gefallen! Wie erging es euch mit den Büchern. Welches ist euer Highlight?
Die letzten beiden Bücher habe ich auch schon einmal besprochen: Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war und Ach diese Lücke, diese entsetzliche Lücke
Bibliografische Daten
JOACHIM MEYERHOFF
Die Zweisamkeit der Einzelgänger ISBN: 978-3-462-04944-2 Erschienen am: 09.11.2017 416 Seiten, gebunden mit SU Alle Toten fliegen hoch Bandnummer 4 Verlag: Kiepenheuer&Witsch |
Liebe Astrid,
da hattest du wirklich ein ganz besonderes Erlebnis.
Meyerhoff und Elbphilharmonie, zwei Highlights in einem Paket!!
Ich beneide dich dafür!
Liebe Grüße,
Kirsten
Liebe Kirsten,
ja, das war wirklich ein Erlebnis, dass mir wohl noch lange in Erinnerung bleiben wird.
Das hätte Dir sicher auch gefallen. LG Astrid