Ozelot und Friesennerz – ein Syltbuch
Sonntag, 20. September 2020
Ein Roman von Susanne Matthiessen
Im September durfte ich meinen Aprilurlaub nachholen. Erinnert ihr Euch? Die Insel Sylt hatte im Frühjahr für 9 Wochen einen Einreisestopp für Touristen verhängt. Viele Menschen waren geschockt. Die Sylter auch, aber für sie war es auch eine Verschnaufpause, die es so noch nie gegeben hat. Daher kann ich durchaus verstehen, dass es für viele wirklich eine ganz gute Zeit war.
Susanne Matthiessen schreibt über ihre Kindheit in den 1970er Jahren. Sie ist noch eine echter Sylterin. Davon gibt es bald nicht mehr viele. Die Geburtsstation in der Nordseeklinik wurde geschlossen, weil für einen Kreissaal auf dieser Insel kein Geld mehr da ist. Dafür aber umso mehr für Luxushotels. Auch ein Thema, dass die Autorin sehr ausführlich beschreibt.
Aber konzentrieren wir uns erstmal auf die Kindheit auf einer Ausnahmeinsel. Sylt gilt schon lange als die Insel der Schönen und Reichen. Wie sieht dort eine Kindheit aus? Ich gestehe, ich war neugierig. Susanne Matthiessen erlebt ihre Kindheit zwischen Feriengästen, Kunden und Hausmädchen. Ihre Eltern besitzen ein florierendes Pelzgeschäft in der Friedrichstraße. Die Mutter kümmert sich um die Kunden, der Vater um die Herstellung der Pelze. Für die Kinder ist da wenig Zeit, der Kunde ist König. Nach ersten mageren Jahren stellt sich bald Wohlstand bei der Familie ein und so gibt es zumindest für die Kinder ein warmes Essen von dem Hausmädchen. Häufig sind die Kinder mit im Laden und helfen der Mutter schon mal aus der Klemme. Wenn ein Kunde gar nicht mehr gehen will oder sich einfach nicht entscheiden kann.
Die Erlebnisse des Pelzgeschäfts nehmen einen großen Teil dieses Romans ein und manchmal denke ich, der Titel des Buches ist etwas irreführend. Mir gefallen die Anekdoten aus dem Laden. Aber sie nehmen einen großen Teil des Buches ein, so dass die Kindheit der Autorin doch eher kurz ausfällt.
Erinnerung an meine eigene Kindheit
Mich erinnert dieses Buch sehr an meine eigene Kindheit. Meine Eltern liebten Sylt und so fuhren auch wir im Sommer häufig dort hin. Aus Erzählungen kenne ich die Geschichten, dass sie ganz früher im Ehebett der Vermieter geschlafen haben und die Vermieter alles, was sie hatten, den Gästen zur Verfügung gestellt haben. Bisher dachte ich, es wäre die Ausnahme gewesen, aber laut Susanne Matthiessen war das bei allen Syltern so. Familienleben fand in der Saison nicht statt.
Es gibt einen Trailer über dieses Buch. Ich gestehe, ich hatte ein klein wenig Angst, dass ich da auch gleich erscheine. Es war alles so gleich, die Farbe der alten Fotos und ich hatte teilweise die gleichen Klamotten. Ich bin nur 3 Jahre jünger als die Autorin!
Ein großes Thema in diesem Buch ist auch die heutige Situation auf der Insel. Es gibt immer noch zu viele Investoren, die sich eine goldene Nase auf der Insel verdienen wollen. Die Sylter können dagegen anscheinend wenig unternehmen. Sie selber können sich Wohnraum dort nicht mehr leisten. Wenn ein Haus vererbt wird, kann man es für einen Wahnsinnspreis verkaufen. Will man aber die Geschwister auszahlen, um selbst dort zu wohnen, ist das meist nicht machbar.
Vielleicht bin ich ja etwas naiv. Aber mir geht es nicht in den Kopf, warum diese Situation immer mehr eskaliert. Warum kann die Gemeindeverwaltung nicht mal nein sagen zu den Bauprojekten? Ich darf auf meinem Grundstück nicht mal eine Garage bauen! Das ist im Bebauungsplan so festgelegt. Sitzen auf Sylt nur korrupte Menschen in der Gemeindevertretung? Ich verstehe es echt nicht. In St.-Peter-Ording ist kürzlich auch ein Bauprojekt geplatzt. Und das finde ich richtig klasse!!!!
Ich bin ein Syltfan. Wenn ich nicht wenigstens ein paar Tage im Jahr auf der Insel bin, vermisse ich sie schmerzhaft. Dort kann ich so toll entspannen. Aber allmählich traue ich mich fast nicht mehr hinzufahren, da viele nicht mehr gut auf die Touristen zu sprechen sind. Corona ist daran leider auch nicht ganz unschuldig.
Fazit
„Ozelot und Friesennerz“ ist ein tolles unterhaltsames Buch über die Insel Sylt. (Ich kann mich gar nicht erinnern, dass das Wort Friesennerz überhaupt drin vorkommt ;-)) Ich kann es allen empfehlen, die die Insel lieben wie ich. Wer aber noch nie dort war und vielleicht auch wesentlich jünger ist als ich, kann vermutlich nur wenig damit anfangen.
Andere von mir vorgestellte Syltbücher sind:
und die legendären Sylter Friesenkekse müsst ihr unbedingt mal backen